Dabei erreichen die Insekten beeindruckende Leistungen: Der Schwammspinner zum Beispiel, der bisherige Rekordhalter, kann problemlos Töne bis zu einer Frequenz von 150 Kilohertz wahrnehmen. Das haben allerdings auch die Fledermäuse bemerkt und die nächste Runde im Wettrennen eingeläutet: Einige Arten benutzen mittlerweile bereits Ruffrequenzen von bis zu 212 Kilohertz nach bisherigem Wissen also deutlich außerhalb der Hörfähigkeit der Motten.
Doch haben die Fledermäuse im Moment tatsächlich die Nase vorn? Oder ist es einigen Motten vielleicht doch gelungen, einen Gegenschlag zu initiieren? Diese Fragen hat sich nun ein schottisches Forscherteam gestellt und gleich einmal bei der Großen Wachsmotte ( Galleria mellonella) nachgesehen. Diese Art bietet sich schon deswegen als Versuchstier an, weil sie ohnehin in vielen Labors für medizinische Tests gezüchtet wird. Zudem leben die Tiere nahezu überall auf der Welt, was bedeutet, dass sie mit den unterschiedlichsten Fledermaustypen in Kontakt kommen und daher vermutlich besonders eifrig am evolutionären Wettrüsten beteiligt sind, erläutern die Forscher.
Sie untersuchten daher die Ohren oder besser: die Tympanalorgane der Insekten. Dabei handelt es sich eigentlich um nichts anderes als zwei Hohlräume im Brustbereich der Tiere, die von dünnen Membranen bedeckt sind. Diese Membranen fungieren ähnlich wie die Trommelfelle im menschlichen Ohr und sind per Zellbrücke mit darunterliegenden Sensoren gekoppelt, die auf mechanische Reize reagieren. Beginnen die Membranen zu schwingen, lösen die Sensoren einen Nervenimpuls aus und die Motte nimmt ein Geräusch wahr.
Wie gut das funktioniert, entdeckten die Wissenschaftler bei 20 Testmotten, denen sie reine Töne verschiedener Frequenzen und Lautstärken vorspielten. Dabei erfassten sie einerseits per Laser die Schwingungen der Hörmembran und andererseits per Elektrode die damit einhergehende Nervenaktivität. Die Töne reichten bis zu einer Frequenz von 300 Kilohertz und lagen damit deutlich über der Hörfähigkeit aller bekannten Tiere.
Ergebnis: Bei allen 20 Testmotten vibrierten die Trommelfelle selbst bei 300 Kilohertz die Forscher maßen Schwingungen von bis zu einem Nanometer. Da bereits ein Zehntel dieser Bewegung ausreicht, um einen Impuls zu erzeugen, könne man davon ausgehen, dass zumindest die meisten Tiere also tatsächlich auf die Töne reagierten, folgern sie. Tatsächlich lösten die extrem hohen Töne bei 15 der 20 Insekten gut messbare Nervenimpulse aus. Bei den restlichen habe vermutlich der Schalldruck von 90 Dezibel nicht ausgereicht, sie hätten auf lautere Töne wohl ebenfalls reagiert, sind die Forscher überzeugt. Am empfindlichsten war das Gehör der weiblichen Motten übrigens im Bereich zwischen 90 und 95 Kilohertz in genau dem Frequenzbereich also, in dem die Männchen lockende Ultraschallrufe ausstoßen.
Eine Frage bleibe allerdings ungeklärt, räumt das Team ein. Wenn Fledermäuse maximal 212 Kilohertz als Ruffrequenz nutzen warum besitzen die Motten dann ein derartiges Hochleistungsohr? Die Forscher können sich zwei mögliche Erklärungen vorstellen: Zum einen sei es möglich, dass es doch Fledermäuse gibt, die die höheren Frequenzen verwenden, was bisher einfach noch nicht beobachtet worden sei. Zum anderen, und das halten sie für die wahrscheinlichere Erklärung, sorgt die größere Bandbreite vermutlich dafür, dass das Ohr der Motten schneller auf akustische Signale reagiert denn Bandbreite und Reaktionszeit verhalten sich umgekehrt proportional zueinander. Auf diese Weise hören die Tiere einen Ton bereits innerhalb von 10 Mikrosekunden, während Schmetterlinge mit weniger guten Ohren, wie etwa die Eulenfalter, immerhin 60 Mikrosekunden brauchen ein Unterschied, der über Leben und Tod entscheiden kann. Doch warum die Motten auch immer ihre Superohren haben: Sie sind damit auf jeden Fall bereits gut auf die nächste Runde des evolutionären Wettrüstens vorbereitet.