Eine Substanz mit dem bezeichnenden Namen “Reversin” kann die Programmierung spezialisierter Muskelzellen löschen und sie so in ihre eigenen, unspezialisierten Vorläuferzellen verwandeln. Diese Stammzellen können dann wiederum dazu gebracht werden, andere Gewebe wie Knochen oder Sehnen zu bilden, berichten amerikanische Forscher in einer Online-Vorabveröffentlichung der Fachzeitschrift Journal of the American Chemical Society ” target=”_blank”>
Im allgemeinen ist die Entwicklung einer Zelle eine Art Einbahnstraße, die von einem völlig unspezialisierten Ausgangszustand zu immer stärker spezialisierten Entwicklungsstadien führt. So entwickeln sich aus den so genannten
omnipotenten embryonalen Stammzellen, aus denen jede Art Körpergewebe entstehen kann, die adulten Stammzellen. Diese können zwar immer noch flexibel verschiedene Gewebearten eines Organs oder Gewebeverbandes bilden, sind jedoch nicht mehr in der Lage, einen vollständig neuen Organismus aufzubauen. Die Zellen spezialisieren sich schließlich beispielsweise zu Muskel-, Leber- oder Nierenzellen, die jeweils ganz besondere, an ihre Aufgaben angepasste Eigenschaften haben.
Diese Spezialisierung kann nur in den seltensten Fällen rückgängig gemacht werden, beispielsweise bei Amphibien, die ganze Körperteile nachwachsen lassen können, oder auch in der Leber, in der sich spezialisierte Leberzellen bei Verletzung in Vorläuferzellen für neues Lebergewebe zurückverwandeln können. Sheng Ding und seinen Kollegen vom Scripps-Forschungsinstitut in La Jolla (Kalifornien) gelang es nun, diesen Prozess künstlich nachzuahmen und mithilfe einer regenerativen Substanz spezialisierte Muskelzellen in ihre weniger festgelegten Vorläufer umzuwandeln.
Die Forscher können noch nicht sagen, wie genau das Spezialisierungsprogramm der Zellen gelöscht wird. Da adulte Stammzellen jedoch nur sehr schwierig in ausreichender Menge gewonnen werden können, wäre eine solche entspezialisierende Substanz ein wichtiges Werkzeug für die Medizin. Mithilfe von Reversin und ähnlichen Stoffen könnten dann in Zukunft bei Bedarf für jeden Patienten aus eigenem Körpergewebe Stammzellen hergestellt werden, die praktisch nicht mehr vom Körper abgestoßen würden und so viel besser einsetzbar wären.
ddp/bdw ? Ilka Lehnen-Beyel