RNA-Moleküle dienen nicht nur als Vorlage für die Produktion von Proteinen, sondern können auch Botschaften von einer Zelle zur anderen übermitteln. Wissenschaftler der University of California, Davis stellten bei Untersuchungen an Tomatenpflanzen fest, dass die Botschaft, eine bestimmten Blattform auszubilden, von RNA-Molekülen übertragen wird.
In ihren Untersuchungen entfernten die Wissenschaftler einige Sprosse einer mutierten Tomatenpflanze und setzten an ihre Stelle die Sprosse einer normalen Tomatenpflanze (Pfropfen). Danach entwickelten die aufgepfropften Sprosse abgerundete Blätter, also genau denselben Blatttyp wie die gentechnisch veränderte Pflanze. Und das, obwohl die restliche Pflanze zugespitzte Blätter hatte. Daraus schlossen die Wissenschaftler, dass ein Signal vom Pfropfen in die Tomatenpflanze übergegangen sein muss. Dieses Signal bewirkte abgerundete Blätter statt zugespitzter für den Spross.
Die Blattform der mutierten Tomatenpflanzen bestimmt ein Protein. Daher nahmen die Wissenschaftler an, dass die RNA, die als Vorlage zur Bildung dieses Proteins dient, in die aufgepfropften Sprosse gelangt sein musste. Tatsächlich konnten sie die RNA dort nachweisen.
Das Ergebnis zeigt nicht nur, dass RNA als Signalmolekül dienen kann. Es verändert auch das Bild das Forscher von der Genmaschinerie haben: Bisher hat man eine bestimmte RNA und das von ihr codierte Protein einem entsprechenden exprimierten, also eingeschalteten Gen zugeordnet. Von diesem Gen nahm man an, dass es sich in der selben Zelle befindet wie die dazugehörige RNA. Doch das oben beschriebene Experiment zeigt, dass die RNA wandern kann und dass sie folglich auch in Zellen zu finden sein kann, in denen das entsprechende Gen gar nicht eingeschaltet ist.
Die Studie erschien in der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science.
Ralf Möller