Der afrikanische Nacktmull (Heterocephalus glaber) ist ein reichlich bizarres Lebewesen. Das mausgroße, nahezu haarlose und faltige Nagetier ist blind und lebt in Ostafrika in unterirdischen dunklen Höhlen. Die Nacktmulle bilden Kolonien von bis zu 300 Tieren, die manchmal 30 Jahre alt werden. Besonders erstaunt die Forscher, dass Nacktmulle keinerlei Schmerz empfinden, wenn sie mit Säure in Berührung kommen. Warum das so ist, haben jetzt Wissenschaftler vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin-Buch entdeckt.
Ewan St. John Smith und Gary Lewin haben die Schmerzunempfindlichkeit der Nacktmulle gegenüber Säuren als eine raffinierte Überlebensstrategie identifiziert, die sich im Laufe der Evolution herausgebildet hat. Weil die Nager unterirdisch leben, gibt es in ihrem Habitat relativ wenig Sauerstoff, aber viel Kohlendioxid. Das CO2 wird beim Einatmen in Kohlensäure umgewandelt, was in dieser hohen Konzentration normalerweise schmerzhaft wäre.
Um das zu verhindern, hat sich bei den Nacktmullen der Ionenkanal in den Schmerzrezeptoren verändert: Er wird durch die Säure abgeschaltet. Andere Schmerzen, zum Beispiel durch Hitze oder Druck, empfinden die Tiere durchaus. Diese Erkenntnisse könnten auch für die Medizin interessant sein. Denn sie helfen möglicherweise dabei, neuartige Schmerzmittel zu entwickeln.