Gute Taten steigern das persönliche Ansehen bei den Mitmenschen ? vorausgesetzt, diese erfahren auch davon. Dieser Antrieb steckt hinter der bekannten menschlichen Tendenz, in der Öffentlichkeit großzügig zu sein, in der Anonymität dagegen geizig. Wie tief dieses menschliche Verhalten verwurzelt ist, zeigt nun eine US-Studie an Fünfjährigen: Die Kleinen handeln in Grundzügen bereits ebenso nach diesem wenig edlen Prinzip wie Erwachsene.
Die Forscher um Kristin Leimgruber von der Yale University in New Haven führten die Studie mit 62 Fünfjährigen durch. Die Versuche fanden paarweise statt: Ein Kind bekam begehrte Aufkleber, von denen es dem zweiten Kind nach freier Entscheidung einen, zwei, drei oder vier abgeben sollte. Bei manchen Versuchsdurchläufen konnte das Nehmerkind sehen, wie viele Aufkleber das Geberkind zum Teilen zur Verfügung hatte. Bei anderen war dagegen für das Nehmerkind das Ausmaß des ?Aufkleber-Schatzes? nicht sichtbar. Das wusste in diesen Fällen auch das Geberkind.
Geiz regiert im Verborgenen
Die Auswertungen der Forscher zeigten, dass die Kinder ihre Großzügigkeit beim Verschenken der Aufkleber klar an den Informationsstand des Gegenübers koppelten: Wusste das Nehmerkind über die Menge der vorhandenen Aufkleber Bescheid, fiel die Gabe der Geberkinder vergleichsweise großzügig aus. Bei der verdeckten Variante regierte dagegen der Geiz, berichten die Wissenschaftler. Meist gaben die Kleinen dem anderen Kind dann nur ein Bild ab ? egal wie viele sie zur Verfügung hatten.
Den Wissenschaftlern zufolge zeigen diese Ergebnisse, dass Kinder im Alter von fünf Jahren bereits intuitiv strategische Entscheidungen darüber treffen, ob Freigiebigkeit vorteilhaft ist oder unnötig. Das ist besonders bemerkenswert, da sie noch kein Verständnis der sozialen Bedeutung eines guten Rufes besitzen. ?Wahrscheinlich nutzen bereits Kinder anspruchsvollere prosoziale Strategien, als wir bisher angenommen haben?, vermutet Leimgruber.
Kristin Leimgruber (Yale University in New Haven) et al.: PLOS ONE, doi:10.1371/journal.pone.0048292 © wissenschaft.de –
Martin Vieweg