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Schwere Zeiten für Xenon-Doper

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Schwere Zeiten für Xenon-Doper
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Ständiges Wettrüsten: Doper und Dopingtests (thinkstock)
Russische Leistungssportler schwören auf Xenon: Wird das Edelgas eingeatmet, regt es die Bildung von Erythropoietin (EPO) an – und das verbessert Ausdauer und Leistung. Und das Beste: Bis vor kurzen war es nicht verboten, Dopingtests prüften den Missbrauch nicht. Das hat Welt-Antidoping-Agentur WADA im April 2014 geändert. Allerdings: Bisher war nicht klar, ob das Xenon bei Dopingtests überhaupt mit gängigen Methoden nachgewiesen werden kann. Deutsche Forscher haben dies jetzt nachgeprüft. Wie sich zeigte, funktioniert der Nachweis durchaus. Wer künftig kurz vor einem Wettkampf mit Xenon dopt, muss daher damit rechnen, entlarvt zu werden.

Das Edelgas Xenon ist vielseitig verwendbar: Es dient als Lampengas, Lasermedium, Brennstoff in Ionenantrieben und seit neuerem auch in der Medizin als Narkosemittel. Das reaktionsträge Gas gilt als gut verträgliches und zuverlässiges Anästhetikum und soll zudem Gewebe vor Schäden durch Kälte, Sauerstoffmangel und sogar Druck schützen. In den letzten Jahren haben findige Athleten und Trainer allerdings eine weitere praktische Einsatzmöglichkeit des Edelgases entdeckt: Doping. Denn wird beim Training ein Teil des Luftsauerstoffs durch Xenon ersetzt, dann regt dies die Produktion von körpereigenem Erythropoietin (EPO) an. In Russland fand diese Xenon-Therapie sogar Eingang in die offiziellen Empfehlungen eines staatlichen Forschungsinstituts: Den Sportlern wurde nahegelegt, im Training und vor Wettkämpfen eine 50:50-Mischung des Gases mit Sauerstoff ein paar Minuten lang einzuatmen um „Lustlosigkeit und Schlafstörungen zu korrigieren“, wie in einem 2010 entdeckten Dokument zu lesen ist. Tierversuche hatten zuvor gezeigt, dass eine solche Behandlung den EPO-Wert innerhalb eines Tages um 160 Prozent steigern kann.

Spurensuche im Blut

Während der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi wurden Berichte über diese Doping-Praxis bei russischen Athleten erstmals öffentlich. Doch der Welt-Antidoping-Agentur WADA waren die Hände gebunden. Xenon stand noch nicht auf ihrer offiziellen Dopingliste. Das änderte sich im April 2014, als die WADA die Edelgase Xenon und Argon auf die Liste der im Sport verbotenen Substanzen setzte. Dabei gab es allerdings eine Haken: Es gibt bisher keine etablierten Testprotokolle und Verfahren, um dieses Gas bei Dopingkontrollen nachzuweisen, wie Mario Thevis vom Zentrum für präventive Dopingforschung an der Universität Köln und seine Kollegen berichten. „Ziel unserer Arbeit war es daher zu prüfen, ob Xenon in Dopingproben mit den in den Labors gängigen Instrumenten detektiert werden kann“, so die Forscher. Denn bisher bestand die Vermutung, dass sich das Gas möglicherweise nicht im Blut nachweisen lässt.

Für ihre Studie leiteten die Forscher Xenongas in niedrigen, mittleren und hohen Konzentrationen in „saubere“ Blutplasma-Proben ein. Diese Proben wurden dann bei verschiedenen Temperaturen und unterschiedlich lange aufbewahrt, bevor sie in verschiedenen Gaschromatographen analysiert wurden. Zusätzlich analysierten die Wissenschaftler die Blutprobe eines 69-jährigen Mannes, der während einer Operation 90 Minuten lang eine Xenon-Narkose mit 55 Prozent Xenon und 45 Prozent Sauerstoff erhalten hatte. Seine Blutproben wurde 8 bis 30 Stunden gekühlt gelagert, bevor die Analyse erfolgte – dies entspricht dem internationalen Teststandard der WADA, wie die Forscher erklären.

Nachweis noch bis zu 24 Stunden später

Wie die Tests ergaben, lässt sich das Xenongas im Blut auch im Nachhinein noch nachweisen: Die modernsten Gaschromatographen detektierten noch die niedrigste verwendete Dosis– 50 Nanomol Xenon pro Milliliter Plasma. „Ein charakteristisches Muster stabiler Isotope in der Probe erlaubt eine unzweifelhafte Identifizierung des Gases“, berichten die Forscher. Auch die in den meisten Dopinglaboren üblichen Geräte erwiesen sich als genau genug, um auch geringe Mengen Xenon nachweisen zu können. “ Die gängige Kontroll-Ausrüstung gibt uns demnach durchaus die Möglichkeit, Xenon im Plasma und Blut nachzuweisen“, sagt Thevis. Und noch etwas zeigten die Tests: Im Plasma des narkotisierten Patienten war das Edelgas noch bis zu 24 Stunden nach dem Einatmen des Gases im Blut präsent und ließ sich detektieren. Athleten, die vor einem Wettkampf noch schnell eine Lunge voll Xenon tanken, gehen daher den Doping-Fahndern künftig ins Netz.

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„Dies ist extrem wichtig im Hinblick auf die kürzlich aufgedeckte Strategie, Athleten mit Xenon-Inhalation zu ‚unterstützen'“, sagt Thevis. Denn die in dieser Pilotstudie gesammelten Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese neue Doping-Strategie nicht nur inzwischen verboten ist, sondern auch entsprechend geahndet werden kann. Allerdings müssen weitere Tests nun noch genauer zeigen, wie sich die Xenonwerte im Blut bei sehr kurzen Einatmungszeiten oder bei sehr niedrigen Dosierungen verhalten.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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