Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Sehen hilft hören

Erde|Umwelt Gesellschaft|Psychologie

Sehen hilft hören
Wer mit den Mundbewegungen eines anderen beim Sprechen vertraut ist, versteht ihn auch akustisch besser. Das funktioniert sogar dann, wenn man lediglich stumme Lippenbewegungen des Sprechenden kennt, haben amerikanische Psychologen jetzt in einer Studie nachgewiesen: Die Probanden, die zuvor die Mundbewegungen eines unbekannten Sprechers gesehen hatten, verstanden von diesem Sprecher vorgelesene Sätze besser als von einem anderen artikulierte ? selbst wenn sie ihn nicht sahen. Demnach leiten Menschen sowohl aus Gesehenem als auch aus Gehörtem unbewusst charakteristische Informationen über den Sprechstil einer Person ab, schließen Lawrence Rosenblum von der Universität von Kalifornien in Riverside und sein Team.

Eine Stunde lang sahen sich die sechzig Probanden Videos an, auf denen eine von zwei Frauen immer wieder kurze Sätze wie „Das Fußballspiel ist vorbei“ mit den Lippen formte. Anschließend lauschten sie Tonaufnahmen, auf denen ähnliche Sätze von den gleichen Sprecherinnen zusammen mit einem lauten Hintergrundrauschen zu hören waren. Dabei sollten sie die Wörter, die sie verstanden, laut aussprechen. Das Ergebnis: Probanden, bei denen die Lippenbewegungen und die gesprochenen Sätze von der gleichen Sprecherin stammten, verstanden deutlich mehr Wörter als diejenigen, die unterschiedliche Sprecherinnen gesehen und gehört hatten.

Zwar seien schon früher ähnliche Effekte beobachtet worden, schreiben die Forscher, jedoch immer nur entweder in Bezug auf akustische oder auf optische Informationen, niemals auf beide gleichzeitig. So hatten etwa einige Studien gezeigt, dass Menschen vertraute Stimmen besser verstehen können als andere. Dafür verantwortlich gemacht wurde die Art, wie das Gehirn die akustischen Informationen abspeichert ? etwa, indem es eine Art Lexikon anlegt, wo es für einzelne Sprecher charakteristische Eigenheiten beim Sprechen wie Wortschatz, Aussprache und Ausdrucksform speichert und sie bei Bedarf für eine effizientere Sprachwahrnehmung wieder hervorholt.

Da in der neuen Studie jedoch lediglich optische Informationen zur Verfügung standen, um sich mit dem Sprecher vertraut zu machen, kann diese These so nicht stimmen, erläutern die Forscher. Sie können sie sich zwei verschiedene Erklärungen für ihre Ergebnisse vorstellen. So könnte das Gehirn etwa entscheidende visuelle Informationen extrahieren und sie dann in einen akustischen Code übersetzen, der beim Verständnis hilft. Wahrscheinlicher ist ihrer Ansicht nach jedoch die zweite Variante: Das Gehirn registriert schon beim Beobachten der Lippenbewegungen grundlegende Eigenschaften des individuellen Sprachstils und findet diese dann auch im Klang der Sprache wieder. In jedem Fall unterstreiche die Studie noch einmal, dass auch bei Menschen ohne Höreinschränkung das Sehen ein wichtiger Bestandteil der Sprachwahrnehmung ist.

Lawrence D. Rosenblum (University of California,Riverside) et al.: Psychological Science, Bd. 18, Nr. 5 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
Anzeige
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Stra|ti|fi|ka|ti|on  〈f. 20〉 1 〈Geol.〉 Schichtenbildung, Ablagerung (von Gesteinen) in Schichten 2 〈Landw.〉 das Vorkeimen … mehr

Flü|gel|mut|ter  〈f. 21〉 Schraubenmutter, die zur besseren Handhabung mit zwei flügelartigen Fortsätzen versehen ist

Ther|mo|strom  〈m. 1u; unz.; El.〉 aus Thermoelektrizität entstandener Strom

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige