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Smartphone-App für die Tinnitus-Forschung

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Smartphone-App für die Tinnitus-Forschung
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Die Smartphone-App „TrackYourTinnitus" eignet sich gut zur tagebuchartigen Erfassung aktueller Selbstberichte von Tinnitus-Patienten. Credit: Dr. Rüdiger Pryss
Es pfeift, summt oder rauscht: Die andauernden Phantomgeräusche bei Tinnitus können Betroffene schwer belasten. Mit Hilfe der Smartphone-App „TrackYourTinnitus“ haben Forscher nun herausgefunden, dass neben Stress auch der aktuelle Gefühlszustand beeinflusst, wie stark Tinnitus-Patienten unter ihren Phantomgeräuschen leiden. Dies könnte bei der Entwicklung von Behandlungsstrategien hilfreich sein.

Erstaunlich viele Menschen sind betroffen: Schätzungen zufolge „hören“ bis zu15 Prozent der Bevölkerung mehr oder weniger stark Geräusche, die es eigentlich nicht gibt – ihr Nervensystem lässt sie „erklingen“. Die Folgen der Phantomgeräusche können Schlafstörungen, Konzentrationsproblemeund eine Belastung der Lebensqualität sein, die bis zur Depression führen kann. Neben dem Leid verursacht Tinnitus damit letztlich auch enorme Kosten für das Gesundheitssystem. Wegen dieser Bedeutung steht der Tinnitus bereits seit einiger Zeit im Fokus der Forschung.

„TrackYourTinnitus“

Die Problematik lässt sich allerdings schwer fassen, denn Tinnitus kann viele Ursachen sowie Ausprägungen aufweisen und hat mit dem persönlichen Empfinden der Betroffenen zu tun. Akustische Überbelastungen des Hörsystems können Tinnitus verursachen, wie beispielsweise ein Knalltrauma oder durch zu lauten Musikkonsum. Infektionskrankheiten und Durchblutungsstörungen können ebenfalls verantwortlich sein. Häufig ist Tinnitus aber auch eher ein allgemeines Warnsignal für zu viel Stress beziehungsweise seelische Überbelastung. Das persönlich empfundene Störungs-Empfinden durch das Geräusch ist von diesen Faktoren ebenfalls abhängig. Deshalb beschäftigt sich die Tinnitus-Forschung momentan mit der Identifikation von individuellen Faktoren, die zu mehr oder weniger Belastung der Betroffenen führen.

Forscher um Winfried Schlee von der Universität Regensburg haben dazu die Smartphone-App „TrackYourTinnitus“ entwickelt. Sie steht Interessierten im Internet frei zur Nutzung zur Verfügung . Es handelt sich um eine Art technisch unterstütztes Tinnitus-Tagebuch, bei dem der Nutzer bestimmte Angaben zu den Umständen und der Ausprägung seines Problems im Alltag machen kann. Durch Auswertung dieser Daten sind dann Rückschlüsse möglich, welche Faktoren bei dem Tinnitus einer speziellen Person eine Rolle spielen.

Tinnitus-Faktor Gefühlszustand

Neben der individuellen Hilfeleistung für Patienten hat sich die App nun auch aus wissenschaftlicher Sicht bewährt, berichten die Forscher. Bei ihrer Studie lag ihr Augenmerk auf der Frage, ob aktuelle emotionale Zustände dazu beitragen, dass der Tinnitus mit mehr oder weniger Belastung verknüpft ist. Dazu analysierten sie die anonymisierten Daten, die von 658 Tinnitus-Patienten in die App eingegeben worden waren. Als emotionaler Zustand wurde das Ausmaß von zwei Komponenten definiert: „Arousal“ und „Valenz“. Unter Arousal versteht man das Ausmaß der inneren Erregtheit und unter Valenz die mehr positive oder mehr negative Färbung der aktuellen Stimmungslage. Konkret bedeutete das bei der Funktion der App: Der Nutzer gibt im Zusammenhang mit der Tinnitus-Belastung auf einem zehnstelligen „Barometer“ an, wie aufgeregt er ist und wie er seine Stimmungslage einschätzt.

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Die Analysen zeigten, dass die Tinnitus-Lautstärke bei höherem Arousal und verstärkt negativer Valenz ebenso wie bei höherem aktuellen Stresserleben mit einer stärkeren Belastung durch Tinnitus verbunden ist. Bislang war lediglich bekannt, dass Stress mit Tinnitus zusammenhängt. Diese Beobachtung lässt sich möglicherweise nun in der therapeutischen Praxis umsetzen, sagen die Forscher: Bei Therapieansätzen könnten gezielt Strategien zur Veränderungen von Emotionen genutzt werden, um die Belastung  zu senken. Schlee und seine Kollegen hoffen nun, dass ihre App auch noch weitere grundlegende  Zusammenhänge bei Tinnitus aufdecken kann.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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