Momentan hat das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten ein enormes Ausmaß erreicht – doch prinzipiell gab es dies schon immer: In der Entwicklungsgeschichte des Lebens entstanden viele Spezies und verschwanden wieder. Doch inwieweit gilt dies auch für Bakterien? Auf dieses Thema hat uns Christian W. aufmerksam gemacht – vielen Dank dafür.
Einer im letzten Jahr erschienenen Studie zufolge gab es das Kommen und Gehen tatsächlich auch bei den Mikroben. Wie die Forscher berichten, zeichnet sich ab, dass die enorme Vielfalt der Bakterienarten heutiger Zeit nur ein Bruchteil dessen ist, was es insgesamt einmal gegeben hat. Herausgefunden haben sie dies durch die Auswertung umfangreicher genetischer Daten heute lebender Bakterien, durch Analysen von Verwandtschaftsbeziehungen und mathematische Auswertungen.
„Bakterien versteinern selten, daher wissen wir sehr wenig darüber, wie sich das Reich der Mikroben im Laufe der Zeit entwickelt hat“, sagt Stilianos Louca von der University of British Columbia. „Deshalb haben wir Sequenzierungsdaten und Mathematik genutzt, um den Bakterienstammbaum zu rekonstruieren und zu beleuchten, wie sich die Mikroben im Lauf der Jahrmillionen aufgefächert haben und ausgestorben sind“, so der Forscher. Wie er und seine Kollegen erklären, hinterlassen einstige Entwicklungs- und Aussterbeereignisse in den Verwandtschaftsbeziehungen Spuren, die sich mithilfe der Mathematik aufdecken lassen.
Ein reges Kommen und Gehen
Auf der Basis ihrer Daten schätzen Louca und seine Kollegen, dass es heute auf der Erde zwischen 1,4 und 1,9 Millionen unterschiedliche Bakterienlinien gibt. „Diese Zahl erscheint hoch, aber sie repräsentiert unseren Analyseergebnissen zufolge nur ein kleines Stück der Vielfalt, die die Evolution in der Geschichte der Erde hervorgebracht hat“, sagt Louca. Allein in den letzten paar Millionen Jahren sind 45.000 bis 95.000 Linien der Bakterien ausgestorben, zeichnet sich in ihren Daten ab.
Die Forscher vermuten, dass die Konkurrenz zwischen Bakterienarten hinter der hohen Rate beim mikrobiellen Aussterben steckt. Dem gegenüber steht allerdings auch eine enorme Rate bei der Neuentwicklung: Aus den Datenanalysen geht hervor, dass sich die Bakterien im Lauf der Evolutionsgeschichte ohne Unterbrechung exponentiell immer mehr aufgefächert haben. Das bedeutet: Auch momentan entstehen ständig neue Arten während andere wieder verschwinden.
Quelle: University of British Columbia, Nature Ecology and Evolution, doi: 10.1038/s41559-018-0625-0
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