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Stören Schnorchler Clownfische?

Verhaltensforschung

Stören Schnorchler Clownfische?
Ein Clownfisch-Pärchen versteckt sich in seiner Heimat-Anemone. (Bild: Evan Brown/Auckland University of Technology)

Der Kinohit „Findet Nemo“ hat sie zur Prominenz unter den Riffbewohnern gemacht und so wollen sich auch viele Schnorchler die niedlichen Anemonenfische gern einmal aus der Nähe betrachten. Doch wie reagieren die Fische auf diese Besuche? Dieser Frage sind nun Forscher nachgegangen. Die Ergebnisse legen nahe, dass es unter den Clownfisch-Arten deutliche Unterschiede bei der Störanfälligkeit gibt. „Mutige“ Arten könnten sich in stark von Menschen besuchten Riffen deshalb möglicherweise eher durchsetzen, sagen die Wissenschaftler.

Die Ökosysteme der Meere geraten durch den menschlichen Einfluss immer stärker unter Druck. In den Korallenriffen bedrohen bekanntermaßen steigende Wassertemperaturen, Ozeanversauerung, Verschmutzungen und Überfischung die dort lebenden Organismen. Doch es gibt auch eine mögliche weitere Belastung: Im vom Tourismus erschlossenen Bereichen erkunden teils viele Schnorchler und Taucher die faszinierenden Unterwasserwelten. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass sich einige Riffbewohner von der physischen Präsenz des Menschen stören lassen. Wie Anemonenfische (Amphiprion) auf Besuche reagieren, haben nun die Forscher des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung in Bremen und der neuseeländischen Auckland University of Technology untersucht.

Experimentelle Besuche bei „Nemo“

Es handelt sich bei diesen Fischen um eine Gruppe aus 29 Arten, die in den Korallenriffen des tropischen Indopazifiks einschließlich des Roten Meeres vorkommen. Das Besondere an diesen Vertretern der Riffbarsche ist ihre Lebensweise in enger Symbiose mit Seeanemonen: Während die Nesseltiere den Fischen in ihren Tentakeln Schutz vor Angreifern bieten, verteidigen die Clownfische ihre Heimat-Anemone vor Eindringlingen und versorgen sie durch Nahrungsreste und Ausscheidungen mit Futter. Diese enge Bindung könnte Clownfische allerdings auch besonders anfällig für Störungen durch Menschen machen, denn sie können durch ihre Ortsgebundenheit nur begrenzt ausweichen.

Im Rahmen der Studie haben die Forscher nun das Verhalten von zwei Clownfisch-Arten vor der Küste des Inselstaates Vanuatu im Südpazifik untersucht. Es handelte sich um den Clarks Anemonenfisch (Amphiprion clarkii) und den Schwarzflossen-Anemonenfisch (Amphiprion melanopus), die beide ein vergleichsweise großes Verbreitungsgebiet besitzen. Um den typischen Besuch eines Menschen zu simulieren, schnorchelte die Erstautorin der Studie Lena Trnski von der Auckland University of Technology zu Heimat-Anemonen der Tiere und bewegte sich in ein bis drei Metern über ihnen im Wasser. Dabei filmte sie die Reaktionen der Clownfische. Als Vergleich dienten Videoaufnahmen der Tiere ohne die Anwesenheit der Wissenschaftlerin.

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Artabhängige Empfindlichkeit

Die Auswertungen ergaben: Bei den Besuchen zeigten die Fische je nach Art sehr unterschiedliche Verhaltensmuster. Während die Clarks Anemonenfische durch die Begegnung erschreckt wurden und sich häufig tief in den Tentakeln der Anemone versteckten, reagierten die Schwarzflossen-Anemonenfische deutlich weniger intensiv auf die Anwesenheit eines Menschen. „Wir hätten eigentlich erwartet, dass sich auch die Schwarzflossen-Anemonenfische vor Lena verstecken oder sie vielleicht attackieren würden, aber sie ließen sich zumeist nicht von ihr stören. Oft befanden sich die Fische sogar bis zu einem Meter außerhalb der Tentakel ihrer Anemone“, sagt Studienleiter Julian Lilkendey von der Auckland University of Technology.

Die mögliche Ursache des deutlichen Verhaltensunterschieds zwischen den beiden Arten sehen die Forscher in ihren verschiedenen Anpassungen: „Wir vermuten, dass Schwarzflossen-Anemonenfische in Gegenwart von Menschen ein eher kühneres Verhalten zeigen, da es sich um einen stark spezialisierten Clownfisch handelt, der nur wenige Anemonenarten als Partner nutzt“, erklärt Trnski. „Um eine geeignete Wirtsanemone zu finden, ist es für die Larven der Schwarzflossen-Anemonenfische vorteilhaft, sich unerschrocken im Riff auf die Suche zu machen – selbst wenn sie durch dieses Verhalten auch anfälliger für Fraßfeinde sind. Eben jene Unerschrockenheit zeigt sich aber auch darin, dass sie vor dem Menschen nicht flüchten“, so die Trnski.

Was die Bedeutung des Ergebnisses betrifft, erklären die Wissenschaftler, dass in stark touristisch geprägten Regionen „mutige“ Clownfischarten wie die Schwarzflossen-Anemonenfische ängstlichere Arten verdrängen könnten. „Arten, die sich gestresst zum Schutz in ihre Anemone zurückziehen, verwenden viel Energie und Zeit auf dieses eine Fluchtverhalten und können sich daher weniger mit der Nahrungssuche oder Fortpflanzung beschäftigen“, sagt Lilkendey. „Unerschrockene Arten sind ihnen gegenüber im Vorteil.“ Trnski ergänzt: „Der daraus resultierende Verdrängungsprozess könnte somit letztlich zu einem Verlust der Artenvielfalt führen“.

Den Forscher zufolge zeichnet sich nun allerdings weiterer Forschungsbedarf ab: „Die ökologischen Folgen eines durch den Menschen veränderten Verhaltens sind noch weitestgehend unerforscht“, sagt Lilkendey. „Wir vermuten, dass Unterschiede im Verhalten einzelner Tierarten Auswirkungen auf die Interaktionen haben könnten, was wiederum Gemeinschaftsstrukturen und das Funktionieren des gesamten Ökosystems beeinflussen kann“, sagt der Wissenschaftler.

Quelle: Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT), Fachartikel: Journal of Fish Biology, doi: 10.1111/jfb.14492

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