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Tanganjikasee in doppelten Nöten

Neben Überfischung trägt auch der Klimawandel zum Artenschwund bei

Tanganjikasee in doppelten Nöten
Tanganyika
Ein Fischer auf dem Tanganjikasee (Foto: Saskia Marijnissen, 2005)
Der Tanganjikasee ist ein einzigartiger Hotspot der Artenvielfalt. Aber dieses Refugium ist bedroht: Die Fischbestände nehmen ab und auch andere Tierarten werden rar. Jetzt zeigt sich: Schuld daran ist nicht nur die Überfischung, auch die Erwärmung nimmt den Seebewohnern Nahrung und Lebensraum.

Der Tanganjikasee in Ostafrika ist der zweitgrößte See Afrikas und berühmt für seinen Reichtum an Fischen und anderen Tierarten, die nirgendwo sonst auf der Welt vorkommen. Die Weltnaturschutzunion IUCN bezeichnet ihn sogar als artenreichsten Ort der Welt. Für die Menschen rund um den See ist das Gewässer zugleich ihre wichtigste Nahrungs- und Einkommensquelle. Rund 200.000 Tonnen Fisch werden pro Jahr gefangen.

Fischbestände nehmen ab

Doch der Fischreichtum des Tanganjikasees schwindet und seine Artenvielfalt ist in Gefahr: Seit mehreren Jahrzehnten nimmt die Produktivität ab, die Netze der Fischer bleiben häufiger leer. „Einige sagen, das Problem des Tanganjikasees seien zu viele Fischerboote“, erklärt Andrew Cohen von der University of Arizona. Die Überfischung gilt als eine der Hauptursachen für den Artenschwund.

Ob aber die Überfischung allein schuld ist, haben Cohen und seine Kollegen nun genauer untersucht. Dafür entnahmen sie Sedimentproben vom Seegrund und analysierten deren biologische und chemische Zusammensetzung. Auf diese Weise konnten sie die Geschichte des Sees in den letzten 1.500 Jahren rekonstruieren.

Erwärmung hat Mitschuld

Dabei zeigte sich: Der Rückgang der Fischbestände und anderer Seebewohner begann nicht erst mit der intensiven Befischung in den 1950er Jahren. Stattdessen nahmen die Artenzahlen und Häufigkeiten schon seit Anfang des 19. Jahrhunderts ab, wie die Forscher feststellten. „Unsere Arbeit zeigt, dass der Rückgang der Fischbestände schon damals begann“, sagt Cohen.

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Das Seesediment verriet den Forschern auch den Grund dafür: die Erwärmung. „Wir können sehen, wie die Fische weniger werden, während die Seetemperatur langsam ansteigt“, berichtet Cohen. Gleichzeitig wurden auch die Algen im See weniger – und damit das Hauptfutter für viele Fische und Wassertiere. Als Folge kann der See einigen Tierarten nicht mehr genügend Nahrung bieten.

Sauerstoffmangel lässt Lebensraum schrumpfen

Die Erwärmung des Tanganjikasees hat aber noch eine fatale Auswirkung: Die dauerstoffarme Todeszone am Grund des Sees wird immer größer. Bei vielen tiefen tropischen Seen ist das Temperaturgefälle zwischen der warmen Oberfläche und dem kälteren Tiefenwasser relativ groß. Weil dies auch die Dichte des Wassers beeinflusst, mischen sich die verschiedenen Wasserschichten kaum noch – und es gelangt kaum frischer Sauerstoff in die Tiefe.

Und genau dies wird durch den Klimawandel noch verstärkt: „Die sich erwärmende Oberfläche hemmt den Gasaustausch weiter und lässt die sauerstoffarmen Todeszonen am Seegrund wachsen“, erklärt Cohen. Ihren Messungen nach hat sich dadurch seit den 1940er Jahren der für Tiere geeignete Lebensraum im Tanganjikasee um 38 Prozent verkleinert. Betroffen sind davon vor allem Krebse, Weichtiere und andere Organismen, die normalerweise am Seegrund leben, aber auch die Fische, die in den flacher werdenden Lebenszonen des Sees mehr Konkurrenz und weniger Futter bekommen.

Nach Ansicht der Wissenschaftler ist demnach die Überfischung nicht die einzige Bedrohung für die -Lebenswelt im Tanganjikasee. Stattdessen macht diesem einzigartigen Biotop auch der Klimawandel zu schaffen – und das könnte sich in Zukunft noch verschärfen. „Das hat große Bedeutung auch für andere Seen“, sagt Cohen. „Wir glauben, dass der Tanganjikasee nur der Vorreiter in diesem Prozess ist.“

Quelle: University of Arizona, Fachartikel: Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.1603237113

© natur.de – Nadja Podbregar
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