Der Körper von zehn bis zwanzig Prozent der HIV-Infizierten kann die Viren schlagfertig bekämpfen. In diesen Patienten entwickelt sich die Krankheit nur sehr langsam. Mit welchen Mitteln das Immunsystem dieser Menschen arbeitet, haben Forscher nun herausgefunden: Das Virus wird hier von einem bunten Mix von Hunderten verschiedener Antikörper attackiert, die einzeln genommen wenig ausrichten, im Team aber äußerst wirksam sind. Daraus ergibt sich möglicherweise ein neuer Ansatz für HIV-Impfungen ? bisher wird lediglich an der Entwicklung einzelner Super-Antikörper gearbeitet.
Antikörper erkennen bestimmte Proteinstrukturen, die dann vom Immunsystem zerstört werden können. Antikörper gegen HIV zu finden, ist allerdings problematisch, da sich die Viren immer wieder verändern. Nur eine Stelle bleibt relativ stabil: das Hüllenprotein gp140. Bisher sind vier extrem wirksame Antikörper bekannt, die an gp140 ansetzen und die Viren zerstören ? leider ist keiner davon für den Einsatz im Menschen geeignet.
Die Forscher untersuchten nun etwa 500 Antikörper von sechs Patienten, deren Immunsystem HIV relativ erfolgreich bekämpfte. Dabei fanden sie 400 Antikörper, die gp140 angriffen ? zwar alle mit jeweils nur schwacher Wirkung, die Kombination erwies sich jedoch als sehr effektiv. Eine breite Mischung könnte auch der richtige Ansatz für künftige HIV-Impfungen sein, erklären die Forscher. Eine Vielfalt an Antikörpern könnte solche Präparate auch flexibler machen, so dass sie bei Veränderungen der Virusstruktur nicht so schnell ihre Wirkung verlieren.
Johannes Scheid (Rockefeller-Universität, New York) et al.: Nature, DOI: 10.1038/nature07930 ddp/wissenschaft.de ? Martin Rötzschke