Die in Cannabis berauschend wirkende Substanz THC wirkt offenbar antiviral. In Zellkulturen unterdrückt sie die Reproduktion einer Gruppe von Herpesviren, die im Verdacht stehen, Krebs hervorzurufen. Dieser Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) genannte Wirkstoff greift vermutlich ein gemeinsames Gen der Viren an, schreibt ein amerikanisches Forscherteam in der Fachzeitschrift Biomedcentral Medicine. Die Wissenschaftler hoffen, mit diesen Daten antivirale, aber nicht berauschende Wirkstoffe auf der Basis von THC entwickeln zu können.
Die Forscher um Maria Medveczky von der
Universität von Südflorida in Tampa hatten Zellkulturen mit so genannten Gamma-Herpesviren infiziert. Viren dieses Typs sollen beispielsweise das Kaposi-Sarkom auslösen, einen bösartigen Hautkrebs, der vor allem bei Aidskranken Menschen auftritt. Auch das Epstein-Barr-Virus zählt zu dieser Virengruppe. Es steht etwa im Verdacht, das
Burkitt-Lymphom auszulösen ? eine Krebsart, die das Lymphgewebe befällt. Ist der Mensch einmal mit diesen Gamma-Herpesviren infiziert, hat er kaum noch eine Chance, sie wieder los zu werden: Die Erreger verharren in Zellen des Immunsystems in einer Art Schlafzustand. Von dort können sie jederzeit wieder ausbrechen.
Medveczky und ihre Kollegen zeigten nun, dass die Gegenwart von THC diese Reaktivierung verhindert. Das konnten sie sowohl in Zellen des Immunsystems nachweisen als auch in Nierenzellen. Sie nehmen daher an, dass THC in diesem Fall nicht allgemein auf das Immunsystem wirkt ? ein Effekt, der schon länger bekannt ist. Vielmehr glauben sie, dass THC spezifisch ein Gen angreift, das alle Gamma-Herpesviren besitzen.
Von Selbstversuchen mit Marihuana raten die Forscher allerdings ab. Das darin enthaltene THC könne das Immunsystem auch schwächen und so mehr schaden als nutzen. Ob der antivirale Einfluss bei Infektionen mit Gamma-Herpesviren überwiegt, muss erst in Tierversuchen überprüft werden. Diese stehen derzeit aber noch aus.
ddp/bdw ? Barbara Witthuhn