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Tiefseebergbau: Schwer heilende Wunden

Erde|Umwelt

Tiefseebergbau: Schwer heilende Wunden
Das problematische Objekt der Begierde: eine Manganknolle. (Foto: Senckenberg/Lins)

Auf dem Grund des Pazifiks schlummern Rohstoff-Schätze, heißt es. Doch nun warnen Forscher erneut vor den möglichen Folgen des Abbaus der heißbegehrten Manganknollen. Ihren Untersuchungsergebnissen zufolge droht ein nachhaltiger Verlust bodenlebender Organismen in den vom Tiefseebergbau betroffenen Gebieten. Denn wie sie festgestellt haben, hat sich in einem Versuchsareal auch 26 Jahre nach einem experimentellen Eingriff zur Simulation von Tiefseebergbau die Artenvielfalt nicht erholt.

Mangan, aber auch andere Elemente wie Kupfer, Cobalt, Zink und Nickel haben die knubbeligen Gebilde zu bieten: In manchen Bereichen des Meeresgrundes des Pazifiks haben sich über lange Zeiträume hinweg die sogenannten Manganknollen gebildet. Bereits seit einigen Jahren wird ausgelotet, inwieweit der Abbau dieser besonderen Ressource den enormen Hunger der Weltwirtschaft nach Rohstoffen stillen könnte. Auch der Aspekt des Umweltschutzes ist dabei Gegenstand von Untersuchungen, denn bei den Manganknollen-Feldern handelt es sich keineswegs um Unterwasserwüsten – sie sind die Heimat einer artenreichen Gemeinschaft von Lebewesen. Sogar die Manganknollen selbst sind wichtige Inseln des Lebens, haben frühere Untersuchungen gezeigt. Die tiefen Ökosysteme sind auch nicht etwa isoliert – sie bilden einen Bestandteil des komplexen Systems des marinen Lebens.

Welche Erholung brachten 26 Jahre?

„Dass Bergbau Spuren hinterlässt, ist selbstverständlich – das gilt auch für den Abbau von Rohstoffen am Meeresboden“, sagt Lidia Lins vom Senckenberg Forschungsinstitut in Frankfurt am Main. Es gibt bereits Studien, welche den negativen Effekt des Abbaus von Manganknollen auf das Tiefsee-Leben belegen. Zudem gab es Hinweise darauf, dass die Ökosysteme auch langfristigen Schaden nehmen könnten. „Es ist aber noch weitestgehend unerforscht, ob und wann sich die Tiere wieder von dem Eingriff erholen“, sagt die Meeresbiologin.

Um den Folgen des Tiefseebergbaus nachzugehen, haben Lins und ihr internationales Team nun die Effekte eines Langzeit-Projekts untersucht, das auf das Jahr 1989 zurückgeht: Im Rahmen dieses sogenannten “DISturbance and reCOLonization (DISCOL)“-Experiments wurden damals 22 Prozent eines insgesamt 10,8 Quadratkilometer großen manganknollenreichen Gebietes im südöstlichen Pazifik mit schwerem Gerät umgepflügt, um die Wirkung von Tiefseebergbau zu simulieren. Dabei wurden die Manganknollen unter Sedimenten begraben und Material des Meeresbodens aufgewirbelt.

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Kritische Langzeitfolgen

Das Areal wurde anschließend wiederholt untersucht, um die Entwicklung des Ökosystems nach der Störung zu erfassen. Lins und ihr Team berichten nun über die Auswertung von Untersuchungsdaten, in denen sich die Situation 26 Jahre nach dem Eingriff widerspiegelt. „Wir haben diese einzigartige Zeitreihe aus der Tiefsee genutzt, um Nahrungskreisläufe für die dortigen Organismen zu entwickeln. Aus diesen können wir dann ableiten, welche Auswirkungen das Umgraben des Meeresbodens innerhalb und außerhalb des gepflügten Bereiches hat“, erklärt Lins.

Wie die Forscher berichten, ist keine gute Erholung zu verzeichnen: 26 Jahre nach dem Experiment lag die Gesamtmasse von kalkbildenden Organismen innerhalb des gestörten Bereichs noch immer 54 Prozent unterhalb der Masse außerhalb des Gebietes. Besonders betroffen sind filtrierende Tierarten, stellten die Wissenschaftler fest: Über zwei Jahrzehnte nach dem Abbau bleiben knapp 80 Prozent dieser Lebewesen verschwunden, ergaben die Auswertungen.

„Wir konnten zeigen, dass sich die Ökosysteme in der Tiefsee nur sehr langsam von Eingriffen erholen – fast 30 Jahre nach einer vergleichsweisen kleinen Störung ist gerade mal die Hälfte an Leben in das Gebiet zurückgekehrt“, resümiert Lins. Die Forscher warnen deshalb vor einer rücksichtslosen Goldgräberstimmung und betonen die Bedeutung des Umweltschutzes auch beim Tiefseebergbau. „Wir plädieren für Schutzzonen in den Ozeanen!“ so lautet die Botschaft der Wissenschaftler.

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen, Biogeosciences, doi: 10.5194/bg-15-4131-2018

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