Ein australisch-amerikanisches Forscherteam hat ein bislang unbekanntes Virus entdeckt, das für den Tod dreier Frauen nach einer Organtransplantation verantwortlich zu sein scheint. Die Patientinnen hatten im Dezember vergangenen Jahres Organe des gleichen Spenders erhalten und waren im Januar kurz nacheinander gestorben, ohne dass die Ärzte die Todesursache klären konnten. Erst jetzt gelang es den Wissenschaftlern aus Melbourne und New York, bei allen dreien ein bisher nicht beschriebenes Virus nachzuweisen. Es ist verwandt mit einem seltenen Erreger, der durch Nagetiere übertragen wird und Entzündungen des Gehirns und der Hirnhaut verursacht. Eine Gefahr für gesunde Menschen bestehe jedoch höchstwahrscheinlich nicht, teilt das Gesundheitsministerium des australischen Bundesstaates Victoria in Melbourne mit.
Obwohl der fast zeitgleiche Tod der drei Organempfängerinnen von Anfang an auf eine Infektion als Todesursache hingedeutet hatte, gelang es den zuständigen Ärzten mithilfe der Standardtests nicht, einen Erreger zu identifizieren. Dem Virus auf die Spur gelangten die Wissenschaftler schließlich, indem sie nahezu die gesamte in den Gewebeproben der Verstorbenen enthaltene Erbsubstanz analysierten und die Ergebnisse mit einem Hochleistungsrechner auswerteten. Auf diese Weise entdeckten sie das Virus, das zwar mit dem Erreger der so genannten Lymphozytären Choriomeningitis, dem
LCM-Virus, verwandt ist, sich jedoch deutlich von ihm unterscheidet. LCMV selbst war im vergangenen Jahr in den USA ebenfalls mit zwei Todesfällen nach Organtransplantationen in Verbindung gebracht worden.
Die Wahrscheinlichkeit für eine solche Ansteckung sei allerdings minimal, kommentiert John Carnie vom Gesundheitsministerium in Melbourne. Auch stelle das neue Virus mit ziemlicher Sicherheit keine Gefahr für gesunde Menschen dar, da deren Immunsystem normalerweise leicht mit Erregern fertig wird. Nach einer Transplantation wird die Körperabwehr zur Vermeidung von Abstoßungsreaktionen jedoch praktisch ausgeschaltet, so dass sie nichts gegen Viren oder andere Krankheitserreger unternehmen kann. In einem solchen Fall könne jede Infektion verheerende Konsequenzen haben und sei es nur eine Erkältung oder Grippe, so Carnie.
Wie und wo sich der Organspender mit dem Erreger infiziert hat, wissen die Forscher bislang nicht. Sie betonen jedoch, dass die Entdeckung des neuen Virus hilft, Transplantationen noch sicherer zu machen. Denn erst, wenn der Aufbau der Erbsubstanz bekannt ist, können Tests entwickelt werden, mit denen eine mögliche Infektion schon vor der Transplantation diagnostiziert werden kann.
Mitteilung des Gesundheitsministeriums des australischen Bundesstaates Victoria, Melbourne ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel