Bei Grasfröschen können auch alleinstehende Männchen Nachwuchs zeugen: Die Singles verfolgen ihre Artgenossen beim Paarungsakt und warten, bis sich das Paar vom Ort der Eiablage entfernt hat. Dann besteigen die Gelege-Piraten den Laich und befruchten ihn erneut. Das fanden David Vieites und seine Kollegen von der Universität im spanischen Vigo in einer Feldstudie heraus. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in der Fachzeitschrift Nature (Bd. 431, S. 305).
Die Wissenschaftler beobachteten eine Population des Grasfroschs Rana temporaria über drei aufeinanderfolgende Fortpflanzungsperioden. Etwa 120 Weibchen und mehr als doppelt so viele Männchen besuchten im Laufe des Jahres die in den Pyrenäen gelegene Laichstätte. Der Überschuss an Männchen führt zu einer starken sexuellen Selektion, so dass ein großer Teil der Männchen keine Möglichkeit zu einer natürlichen Paarung bekommt.
Häufig konnten die Wissenschaftler beobachten, wie frische Gelege von Singlemännchen aufgesucht wurden. Die Piraten umklammerten die Eier und bestäubten sie mit ihrem Samen. Molekularbiologische Analysen zeigten bei 84 Prozent der untersuchten Gelege eine Beteiligung von mehr als einem Männchen. Eine derart ausgeprägte Gelege-Piraterie kannten Wissenschaftler bislang nur bei Fischen.
Das auf den ersten Blick hinterhältige Vorgehen der Männchen macht aus biologischer Sicht durchaus Sinn, erklären die Forscher. Die Piraten erhöhen ihre Reproduktionsrate in Zeiten starker sexueller Selektion, und für die Weibchen wird auf diese Weise eine höhere Zahl erfolgreicher Befruchtungen sichergestellt. Außerdem steigere die Produktion von Nachkommen mithilfe verschiedener Väter die genetische Vielfalt der Population und damit die Tauglichkeit der Nachkommen, erläutern die Wissenschaftler.
ddp/bdw ? Dirk Gilson