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Verzicht aufs Pflügen kann dem Klima nützen

Erde|Umwelt

Verzicht aufs Pflügen kann dem Klima nützen
Anbau
Anbau mit Pflügen oder Direktsaat. (Bild: Inger Struck)

Direktsaat als Klimahelfer: Verzichten Landwirte vor der Aussaat aufs Pflügen, können die Kohlendioxid-Emissionen aus dem Boden mehr als halbiert werden – bei gleichbleibenden Ernteerträgen, wie Feldversuche mit Mais-Direktsaat jetzt nahelegen. Für eine dauerhaft höhere Kohlenstoffspeicherung im Boden muss die Direktsaat jedoch in einer Fruchtfolge mit dem Anbau von Ackergras oder Klee kombiniert werden.

Böden gelten als der weltgrößte Kohlenstoffspeicher: Sie enthalten etwa doppelt so viel Kohlenstoff wie die Atmosphäre. Gleichzeitig können sie aber auch zu Treibhausgas-Schleudern werden, weil der Abbau organischen Materials durch Bakterien Kohlendioxid freisetzt. Durch intensive Bodenbearbeitung wie das Pflügen kann diese Freisetzung verstärkt werden. Um die Emissionen zu reduzieren, wird deshalb nach Anbautechniken gesucht, bei der die Kohlenstoffbindung der Böden verbessert wird.

Was bringt die Direktsaat?

Als eine Möglichkeit dazu gilt die Direktsaat. Dabei pflügen Landwirte die Äcker nach der Ernte nicht um, sondern säen direkt in das weitgehend unbearbeitete Brachland, auf dem noch Reste der Vorkultur liegen. Diese auf dem Feld verbleibenden Wurzel- und Pflanzenreste steigern die Humusbildung in den Böden und somit auch die Kohlenstoffspeicherung. Wie sich das Direktsaatverfahren konkret auf den Bodenkohlenstoff und die CO2-Emissionen aus Äckern auswirkt, haben Forscher um Inger Struck von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ermittelt. Dabei untersuchten sie auch, ob das Direktsäen zu weniger Erträgen führt, wie oft angenommen.

Dazu verglichen sie die Effekte auf die Erträge und die Emissionen einer Maisdirektsaat und einer klassischen Pflugsaat. Das Forscherteam wählte dafür eine Parzelle in Schleswig-Holstein mit sandigem Lehmboden mit hohen bis sehr hohen Ertragserwartungen. Dort wuchs zuvor zehn Jahre lang Grünland mit Gräsern und krautigen Pflanzen, wodurch die Böden zu Versuchsbeginn ausreichend mit organischem Kohlenstoff versorgt waren. Zunächst behandelten die Wissenschaftler diese Grünlandnarbe mit einem Totalherbizid. Anschließend säten sie den Mais entweder direkt in die ehemalige Grünlandnarbe oder pflügten den Boden klassischerweise vor der Aussaat. In den zwei Folgejahren erfassten Struck und ihr Team die Erträge, maßen die Emissionen der Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Distickstoffmonoxid mithilfe spezieller Messkammern und dokumentierten die Veränderungen des Bodenkohlenstoffs beider Versuchsfelder. Die langfristige Effekte auf den Kohlenstoffvorrat modellierten sie.

Emissionen mehr als halbiert

Das Ergebnis: Im Vergleich zum gepflügten Anbau ermittelten die Forscher bei der Maisdirektsaat 57 Prozent weniger CO2-Emissionen je Hektar Boden. Der größte Teil der gemessenen Emissionen stammte dabei in beiden Parzellen aus dem Abbau des Bodenkohlenstoffs – in der Direktsaatvariante allerdings in einem deutlich geringeren Ausmaß. „Die Direktsaat von Mais bietet eine gute Möglichkeit die Emissionen von Treibhausgasen aus landwirtschaftlich genutzten Böden zu verringern“, sagt Strucks Kollege Friedhelm Taube.

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Hinzu kam, dass das Forscherteam in beiden Anbausystemen vergleichbare Ernteerträge feststellte und auf beiden Feldern eine ausreichende Nährstoffversorgung vorlag. Die gemessenen Bodenwassergehalte im Jahresverlauf zeigten eine höhere Stabilität bei der Maisdirektsaatvariante. Das könnte mit der besseren Bodenstruktur im Vergleich zur Pflugvariante zusammenhängen, vermuten die Forscher. Diese Bodenstruktur könnte insbesondere in Zukunft vorteilhaft sein, wenn es durch den Klimawandel weniger Niederschläge während der Vegetationsperiode in Schleswig-Holstein gibt.

Fruchtwechsel wichtig

Allerdings sind die Emissions-Einsparungen durch die Direktsaat nur vorübergehend: Wird auf dem gleichen Feld immer wieder Mais in Direktsaat angebaut, lässt der positive Effekt nach und die im Boden bleibenden Kohlenstoffmengen im Boden verringern sich: Im Gegensatz zu einem Dauergrünland mit Gräsern wird bei einer Mais-Monokultur jährlich etwa eine Tonne CO2 weniger gespeichert, wie die Modelle ergaben. Um den Humusgehalt des Bodens auf einem stabilen Niveau zu halten, müsste laut Struck und ihren Kollegen die Anbaumethode deshalb noch verbessert werden. So zum Beispiel mittels einer Fruchtfolge bei der immer wieder mehrjähriges Acker- oder Kleegras als Zwischenkultur angepflanzt und der Acker in diesen Jahren nicht bearbeitet wird.

„Entscheidend ist, dass Fruchtfolgen im Ackerbau wieder diverser gestaltet werden“, sagt Taube. „Eine Eingliederung von ein- bis zweijährigem Acker- oder Kleegras in Fruchtfolgen erhöht die Kohlenstoffbindung in Böden um mehr als drei Tonnen CO2 pro Hektar und Jahr, welche mit dem Direktsaatverfahren länger im Boden erhalten bleiben können, auch wenn eine intensive Ackerkultur folgt. Wenn wir hohe Erträge bei gleichzeitig niedrigen Umweltkosten realisieren, würde es einen effektiven Beitrag zum Klimaschutz leisten sowie die Wertschöpfung solcher Systeme erhöhen“, resümiert der Wissenschaftler.

Alternativen zu Glyphosat nötig

„Die Ergebnisse des Projektes belegen, dass es vielversprechende Direktsaat-Optionen gibt“, so Strucks Kollege Thorsten Reinsch. „Mit der Kombination von mehrjährigem Ackergras oder Ackerkleegras und der eingeschobenen Ackernutzung mit Mais oder anderen Kulturen kann eine hohe Bodenhumusspeicherung erreicht werden. So werden Gewässer und das Klima geschützt und trotzdem die Produktivität erhalten.“ Erschwert wird die neue Anbaumethode aber durch das nahende Verbot des Totalherbizids Glyphosat. Denn eine nicht-chemische Abtötung der Grasnarbe ohne Bodenbearbeitung ist nur schwer möglich. „Vor diesem Hintergrund ist die Entwicklung von Alternativ-Wirkstoffen zu Glyphosat insofern geboten, um der Landwirtschaft in Deutschland eine ausreichende Bandbreite an Anpassungs- und Klimaschutzmaßnahmen zu erhalten“, folgert Taube abschließend.

Quelle: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Fachartikel: Soil and Tillage Research, doi: 10.1016/j.still.2020.104615

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