Japanische Wissenschaftler haben die weltweit ersten Fotos von einem lebendigen Riesenkalmar gemacht. Sie lockten das Tier mit einer kameraüberwachten Futterfalle in 900 Meter Tiefe an, die über ein Seil mit Bojen an der Meeresoberfläche verbunden war. Der Riesentintenfisch verhakte sich mit einem Tentakel an der Vorrichtung und die Forscher konnten vier Stunden lang seine Fluchtversuche beobachten. Bisher hatten Wissenschaftler die Riesenkraken nur anhand von Überresten und Tentakelteilen studieren können. Nie waren sie ihnen live vor die Linse gekommen.
Riesenkalmare haben acht Arme und zwei überlange Tentakel, die sie im Reißverschlussverfahren zu einem einzigen Greifarm kombinieren können. Sie werden im Schnitt sechs bis zwölf Meter lang. Von der Tentakelspitze bis zur Schwanzflosse habe das fotografierte Exemplar 8 Meter gemessen, schätzen die Wissenschaftler. Allein der Tentakel brachte es auf mindestens fünfeinhalb Meter, ergaben Messungen des abgerissenen Tentakels, der an der Futterfalle hängenblieb. Die Saugnäpfe waren auch nach der Abtrennung vom Riesenkalmar noch lange aktiv und saugten vom Schiffsdeck bis zum Finger alles an, was man ihnen anbot, berichten die Forscher.
Die Forscher trafen den Riesenkalmar in japanischen Gewässern an. Der Meeresboden fällt in dem betreffenden Gebiet steil ab und ist von tiefen Schluchten durchzogen. Bei der Auswahl des Standortes für den Köder hatten sich die Wissenschaftler von Pottwalen leiten lassen, denn die Wale sind dafür bekannt, dass sie erfolgreich Riesenkalmare jagen. Die Forscher gehen davon aus, dass der Tintenfisch auf Beutejagd war, als er in 900 Metern Tiefe auf die Futterfalle traf. Er jagt demnach in einer Tiefe, in der kein Sonnenlicht mehr vorhanden ist.
Die Fotos liefern die ersten Aufnahmen vom Jagdverhalten der Riesenkalmare. Bisher hatten die Forscher angenommen, dass die Riesentintenfische lediglich ihre Tentakel als Köder aushängen und auf Beute warten. Der beobachtete Riesenkalmar zeigte sich jedoch als aktiver Jäger: Er attackierte den Köder von der Seite und umklammerte ihn fest mit seinen Tentakeln, ähnlich wie ein Python sich um seine Beute ballt.
Tsunemi Kubodera ( Nationales Wissenschaftsmuseum in Tokio) und Kyoichi Mori: Proceedings of the Royal Society: Biological Sciences, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1098/rspb.2005.3158 ddp/wissenschaft.de ? Christina Schallenberg