Ein internationales Forscherteam unter deutscher Leitung ist dem Geheimnis der berühmten Schwarmintelligenz ein Stück näher gekommen: Im Team treffen Tiere Entscheidungen schneller und präziser als alleine. Zeigen konnten die Wissenschaftler das jetzt am Beispiel von Fischen. So gelingt es den zu den Zahnkarpfen gehörenden Moskitofischen deutlich seltener, einem Raubfisch auszuweichen, wenn sie allein unterwegs sind. Schwimmen sie dagegen in einem Schwarm, erkennen sie die Gefahr nicht nur schneller, sondern entscheiden sich auch mit höherer Wahrscheinlichkeit für die sichere Route. Der Erfolg der Fische sei auf eine gute Gruppenarbeit zurückzuführen und darauf, dass die Informationen blitzschnell von einem Fisch zum anderen weitergegeben werden, schreiben die Wissenschaftler.
Soziale Tiere sind aufeinander angewiesen und treffen Entscheidungen häufig gemeinsam. Teamarbeit ist besonders dann gefragt, wenn es darum geht, den Zeitpunkt und die Richtung einer Reise festzulegen oder einen Feind aufzuspüren. Zwar hatten frühere Studien bereits darauf hingewiesen, dass sich vor allem die Treffsicherheit verbessert, wenn Tiere sich zur Urteilsfindung zusammenschließen. Doch wie eine solche Entscheidung zustande kommt und ob die Tiere sich in einer Gruppe schneller entscheiden als im Alleingang, blieb bisher ungeklärt.
Die Forscher untersuchten daher das Entscheidungsverhalten von Moskitofischen der Art Gambusia holbrooki: Sie ließen 44 Fische einzeln und nacheinander in einem Y-förmigen Aquarium frei, in dem sie in einem der beiden kurzen Arme eine Raubfisch-Attrappe installiert hatten. Ergebnis: Nur in 55 Prozent der Fälle wichen die Tiere dem vermeintlichen Räuber aus und schlugen den gefahrlosen Weg ein. Dabei war keiner der Fische treffsicherer als seine Artgenossen. Im zweiten Teil des Tests ließen die Wissenschaftler die Fische in Paaren, in Vierergruppen, zu acht und schließlich in Gruppen aus insgesamt 16 Tieren schwimmen. Das Resultat diesmal: Je größer der Schwarm war, desto erfolgreicher bewegten sich die Fische. Gesteigert waren dabei sowohl Treffsicherheit – der Schwarm peilte mit bis zu 90-prozentiger Geschwindigkeit den sicheren Weg an – als auch Geschwindigkeit.
Die Forscher vermuten, dass die erhöhte Treffsicherheit darauf zurückzuführen ist, dass die Tiere die Arbeit teilten: Jeder einzelne Fisch beobachtete die Umgebung gleichermaßen, und die Tiere tauschten anschließend untereinander die Informationen in Windeseile aus. Das ermöglichte die schnelle und präzise Zusammenarbeit. Die Tatsache, dass Entscheidungen besser werden, wenn die Zahl der Individuen in einer Gruppe zunimmt, förderte vermutlich die Entwicklung sozialer Gemeinschaften im Laufe der Evolution, schreiben die Wissenschaftler.
Jens Krause (Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei) et al: PNAS, doi: 10.1073/pnas.1007102108 dapd/wissenschaft.de – Peggy Freede