Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Warten auf den Gürtelrose-Impfstoff

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Warten auf den Gürtelrose-Impfstoff
herpes_zoster.jpg
Die typischen Bläschen bei der Gürtelrose sind für die Betroffenen weniger belastend als Komplikationen wie etwa bleibende Schmerzen. Bild: Deutsches Grünes Kreuz / Wikipedia (GNU-Lizenz)
Der lang erhoffte Impfstoff gegen Gürtelrose ist zwar für Deutschland schon zugelassen, aber noch nicht auf dem Markt. Die Produktionskapazitäten der Herstellerfirma reichen noch nicht aus, aber spätestens im nächsten Jahr soll die Impfung verfügbar sein. Bis dahin gilt es, andere Vorbeugemaßnahmen zu treffen – etwa ein Besuch beim Enkelkind, das gerade Windpocken hat.

„Hör auf zu kratzen! Sonst bleiben Dir Narben.“ Das bekommt fast jedes Kind einmal zu hören – dann nämlich, wenn es die Windpocken hat. In Deutschland erkranken mehr als 90 Prozent aller Jugendlichen vor ihrem 14. Geburtstag an dieser Krankheit. Aber selbst wenn keine sichtbaren Narben zurückbleiben, behält doch jedes Opfer der Windpocken ein bleibendes Andenken: Die Varizella-Zoster-Viren, die für den Ausbruch der Krankheit verantwortlich sind, verbleiben auch nach dem Abklingen der Windpocken-Symptome im Körper. In Nervenzellen verbergen sich die Viren vor dem menschlichen Immunsystem.

Die Betroffenen bekommen davon zunächst nichts mit, denn die Viren schädigen ihren Wirt erst einmal nicht weiter. Ist das Immunsystem aber geschwächt, etwa nach einer Chemotherapie oder während großer psychischer Belastung, können die Viren plötzlich wieder aktiv werden. Dann lösen sie aber nicht erneut die Windpocken aus, sondern führen zum sogenannten Herpes zoster. Bekannter ist diese Krankheit unter ihrem volkstümlichen Namen „Gürtelrose“.

Vor allem Menschen jenseits der 50 sind gefährdet: „Ihr Immunsystem ist schwächer als das jüngerer Menschen und kann daher den Viren nicht mehr so viel Widerstand leisten“, beschreibt Miriam Wiese-Posselt im Gespräch mit wissenschaft.de die Gefahr. Die Ärztin arbeitet am Robert Koch-Institut in Berlin. Dort ist man sich der gefährlichen Spätfolgen der Varizellen bewusst: Die Ständige Impfkommission der Bundesrepublik (STIKO), die beim Robert Koch-Institut angesiedelt ist, arbeitet gerade an der Bewertung eines neuen Impfstoffes gegen Gürtelrose.

Dieser Impfstoff enthält die gleichen Erreger wie eine Windpocken-Impfung, allerdings in wesentlich höherer Konzentration. Der Impfstoff besitzt unter dem Namen Zostavax bereits eine offizielle Zulassung für Deutschland, ist aber auf dem Markt noch nicht erhältlich. Bislang gibt es das Medikament nur in Österreich und der Schweiz zu kaufen. „Unsere Produktionskapazitäten reichen im Moment leider noch nicht aus, um eine großflächige Versorgung zu gewährleisten“, erklärt Hans Joachim Hutt von der Herstellerfirma Sanofi Pasteur MSD die Hintergründe.

Anzeige

In einer groß angelegten Studie hatte der Mediziner Michael Oxman im Jahr 2005 die Wirksamkeit des Impfstoffes bestätigt: An der Universität von Kalifornien in San Diego wertete er zusammen mit Kollegen die Daten von 38.500 Probanden aus, die entweder den Impfstoff oder eine wirkstofffreie Scheinimpfung erhalten hatten. Das Ergebnis war eindeutig: Der Impfstoff senkte die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Gürtelrose um mehr als 50 Prozent. Bei Patienten, die trotz der Impfung eine Gürtelrose entwickelt hatten, fielen die Symptome darüber hinaus wesentlich milder aus, und es kam zu weniger Komplikationen.

Diese Komplikationen sind es, die Herpes zoster so gefürchtet machen. Am häufigsten tritt die sogenannte „postherpetische Neuralgie“ auf – hier klingen die Schmerzen der Gürtelrose auch nach Ende der akuten Krankheitssymptome nicht ab. Sicher verhindern können Mediziner diese Komplikationen bislang nicht. Daher ruhen die Hoffnungen vieler Patienten auf dem neuen Impfstoff. Am Robert Koch-Institut ist man aber noch vorsichtig: „Uns fehlen für Deutschland noch die entsprechenden Daten“, erklärt Wiese-Posselt. Außerdem sei das Varizella-Zoster-Virus nicht so leicht in den Griff zu bekommen wie bislang angenommen, schildert die Medizinerin weiter. Ein Impfstoff gegen Windpocken etwa habe sich nach einiger Zeit als weniger wirksam erwiesen als erhofft.

Die Hersteller des Gürtelrose-Impfstoffs gehen davon aus, dass die Vakzine von 2009 an in Deutschland verfügbar ist. In der Zwischenzeit könnte auch ein Besuch beim windpockenkranken Enkel helfen, das Immunsystem älterer Menschen vor dem Varizella-Zoster-Virus zu schützen, glauben einige Mediziner. Der wiederholte Kontakt mit den Viren helfe der körpereigenen Abwehr, sich wieder an den Erreger zu erinnern, erklärt die britische Gesundheitsbehörde NHS auf ihrer Homepage. Durch diesen sogennanten Booster-Effekt ist das Immunsystem dann besser gegen eine Gürtelrose gewappnet. Daher empfiehlt die NHS, Kinder nicht gegen die Windpocken impfen zu lassen. So bleibe gewährleistet, dass Erwachsene oft genug mit dem Varizella-Zoster-Virus in Kontakt kommen.

Die Ständige Impfkommission in Deutschland geht hier einen anderen Weg und empfiehlt seit 2004 die allgemeine Windpockenimpfung für alle Kinder – windpockenkranke Enkel dürften demnächst also schwerer zu finden sein als der Impfstoff gegen Gürtelrose. Für die STIKO stellt dies aber den sichereren Weg dar, zu gefährlich seien die Komplikationen von Windpocken für Kinder, erklärt Miriam Wiese-Posselt. Zudem sei der Booster-Effekt gegen die Gürtelrose in Deutschland derzeit gewährleistet: „Dafür sorgt die normale Zirkulation von Varizella-Zoster-Viren in der Bevölkerung“. Wie sich die Situation in den kommenden Jahren entwickelt, wenn die Effekte der Windpockenimpfung großflächig wirken, will das Robert Koch-Institut aber genau verfolgen.

ddp/wissenschaft.de – Markus Zens
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

In|ten|si|tät  〈f. 20; unz.〉 1 (innere) Anspannung, gespannte, gesteigerte Kraft, Eindringlichkeit 2 Ausmaß, Wirkungsstärke (einer Kraft) … mehr

Ra|dio|la|rie  〈[–ri] f. 19〉 vom Plankton des Meerwassers lebender Wurzelfüßer mit strahlenförmigem Skelett aus Strontiumsulfat od. Kieselsäure: Radiolaria; Sy Strahlentierchen … mehr

Mi|ne|ral|öl|kon|zern  〈m. 1; Wirtsch.〉 Erdölkonzern, der die Förderung, teilweise auch den Transport u. die Verarbeitung von Erdöl durchführt

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige