Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Warum das Licht doch nicht immer von oben kommt

Erde|Umwelt Gesellschaft|Psychologie

Warum das Licht doch nicht immer von oben kommt
Menschen setzen beim Betrachten eines Gegenstands unbewusst voraus, dass das Licht immer von oben kommt. Solche für die Wahrnehmung wichtigen Annahmen sind jedoch nicht angeboren wie bei vielen Tieren, sondern werden erlernt und können laufend neuen Erfahrungen angepasst werden. Das hat ein britisch-deutsches Forscherteam nachgewiesen. Die Wissenschaftler um Marc Ernst vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen beschreiben ihre Untersuchungen in der Fachzeitschrift Nature Neuroscience (Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1038/nn1312).

Damit die täglich auf den Menschen einstürmenden komplexen Reize und Eindrücke ein sinnvolles Bild ergeben, verbindet das Gehirn die Sinneseindrücke mit Vorwissen über die Beschaffenheit der Umgebung, das es im Lauf des Lebens angesammelt hat. So lehrt beispielsweise die Erfahrung mit Sonne und Deckenleuchten, dass Licht praktisch immer von oben kommt. Eine solche Voreingenommenheit gibt es nicht nur beim Menschen, sondern auch bei einigen Tieren, darunter auch bei Hühnern. Bei ihnen ist bekannt, dass die Grundannahme “Licht kommt von oben” genetisch bestimmt ist und durch Erfahrungen nicht verändert werden kann.

Beim Menschen können diese unbewussten Annahmen jedoch offenbar angepasst werden, wenn sich die Voraussetzungen ändern, zeigten jetzt die Experimente von Ernst und seinen Kollegen. Die Wissenschaftler hatten Probanden Bilder gezeigt, auf denen ? je nach Interpretation ? entweder ein Tal oder ein Hügel zu sehen war. Alle Testpersonen sahen dabei die Variante, die zur Annahme passt, dass das Licht von oben auf den Gegenstand fällt. Anschließend veränderten die Forscher die gefühlte Position der Lichtquelle. Dazu ließen sie die Probanden Formen ertasten, die nur dann mit den Bildern übereinstimmten, wenn die Teilnehmer voraussetzten, dass das Licht von der Seite einfiel. Anschließend zeigten die Forscher den Probanden wieder die ursprünglichen Bilder.

Tatsächlich hatte sich durch die Tastexperimente die Wahrnehmung der Probanden verändert: Sie setzten nun voraus, dass das Licht schräg von oben und nicht mehr senkrecht von oben kam. Die Grundannahmen der menschlichen Wahrnehmung können also in relativ kurzer Zeit an konkrete Erfahrungen angepasst werden, schreiben die Wissenschaftler. Das zeige, dass sich die Wahrnehmung je nach individueller Lerngeschichte und Vorwissen von Mensch zu Mensch unterscheide. Außerdem seien die Ergebnisse ein weiteres Indiz dafür, wie flexibel das menschliche Gehirn auf eine sich ändernde Umgebung reagieren kann.

ddp/bdw ? Ilka Lehnen-Beyel
Anzeige
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Kol|lo|id|in|dex  〈m. 1 od. m.; –, –di|zes od. –di|ces; Tech.〉 Maß für die Verflockungsgefahr bei der Einspeisung von Abwasser

♦ Vi|bra|fon  〈[vi–] n. 11; Mus.〉 Musikinstrument aus Metallstäbchen, die mit Hämmerchen geschlagen werden u. unter denen sich Schallbecher befinden, die elektromotorisch geöffnet u. geschlossen werden, wodurch ein Vibrato entsteht; oV Vibraphon … mehr

Klein|hirn  〈n. 11; Anat.〉 Hirnabschnitt der Wirbeltiere u. des Menschen, in dem die Bewegungen koordiniert werden: Cerebellum

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige