Beim Menschen können diese unbewussten Annahmen jedoch offenbar angepasst werden, wenn sich die Voraussetzungen ändern, zeigten jetzt die Experimente von Ernst und seinen Kollegen. Die Wissenschaftler hatten Probanden Bilder gezeigt, auf denen ? je nach Interpretation ? entweder ein Tal oder ein Hügel zu sehen war. Alle Testpersonen sahen dabei die Variante, die zur Annahme passt, dass das Licht von oben auf den Gegenstand fällt. Anschließend veränderten die Forscher die gefühlte Position der Lichtquelle. Dazu ließen sie die Probanden Formen ertasten, die nur dann mit den Bildern übereinstimmten, wenn die Teilnehmer voraussetzten, dass das Licht von der Seite einfiel. Anschließend zeigten die Forscher den Probanden wieder die ursprünglichen Bilder.
Tatsächlich hatte sich durch die Tastexperimente die Wahrnehmung der Probanden verändert: Sie setzten nun voraus, dass das Licht schräg von oben und nicht mehr senkrecht von oben kam. Die Grundannahmen der menschlichen Wahrnehmung können also in relativ kurzer Zeit an konkrete Erfahrungen angepasst werden, schreiben die Wissenschaftler. Das zeige, dass sich die Wahrnehmung je nach individueller Lerngeschichte und Vorwissen von Mensch zu Mensch unterscheide. Außerdem seien die Ergebnisse ein weiteres Indiz dafür, wie flexibel das menschliche Gehirn auf eine sich ändernde Umgebung reagieren kann.