Menschen mit geringem sozialen Status haben einen höheren Gehalt von Stresshormonen im Körper als leitende Angestellte oder Manager. Das haben amerikanischen Mediziner in Tests mit knapp zweihundert Freiwilligen gezeigt und damit mit dem Klischee vom gestressten, ständig unter Strom stehenden Manager aufgeräumt.
Der Wissenschaftler Sheldon Cohen von der Carnegie-Mellon-Universität in Pittsburgh und seine Kollegen nahmen bei den insgesamt 193 Probanden während 24 Stunden zwei Urinproben und bestimmten den Anteil der
Stresshormone Adrenalin und
Noradrenalin. Zudem bestimmten sie anhand von Speichelproben die Konzentration des Stresshormons
Cortisol und befragten die Probanden nach ihrem Jahreseinkommen, dem Lebenswandel, ihrem Rauchverhalten und zum sozialen Netzwerk, in das sie eingebunden sind.
Die Auswertung ergab ein klares Bild: Bei Probanden mit höherem Einkommen und damit höherem sozioökonomischen Status lag der Hormonspiegel deutlich niedriger als bei den schlechter verdienenden Versuchsteilnehmern. Weitere Risikofaktoren für einen hohen Spiegel an Stresshormonen waren Rauchen, eine unregelmäßige Ernährung und ein schwaches soziales Netzwerk, fanden die Forscher heraus. Letzteres erklären sich die Forscher damit, dass die Unterstützung durch Freunde und Verwandte Stress vermeiden helfen könne.
Der enge Zusammenhang zwischen Stress und dem sozioökonomischem Status habe per se nichts mit Armut zu tun, betont Cohen. Er zeige vielmehr, dass die Fähigkeit, mit Stress umzugehen und Stress zu vermeiden, bei Menschen aus ärmeren Verhältnissen häufig weniger gut ausgeprägt sei, ergänzt die amerikanische Psychologin Nancy Adler. Solche Strategien seien jedoch erlernbar.
Sheldon Cohen ( Carnegie-Mellon-Universität, Pittsburgh) et al.: Psychosomatic Medicine, Bd. 68, S. 51 ddp/wissenschaft.de ? Ulrich Dewald