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Warum Hunde mit Menschen so gut auskommen

Erde|Umwelt

Warum Hunde mit Menschen so gut auskommen
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Der Deutsche Schäferhund ist eine der am weitestverbreiteten Hunderassen. Bild: Flammingo, Wikipedia (GNU Lizenz)
Hunde und Menschen leben seit etwa 15.000 Jahre zusammen, und diese lange Zeit hat in Biologie und Verhalten der Hunde Spuren hinterlassen. So versteht beispielsweise kein anderes Tier Gesten und Blicke eines Menschen so gut wie der Hund. Da Hunde zudem von den gleichen Umweltfaktoren beeinflusst werden, leiden sie praktisch an den gleichen Krankheiten wie der Mensch.

Ein strenger Blick – und Fifi schleicht schuldbewusst mit eingeklemmtem Schwanz davon. Ein Kopfnicken – und Hasso rennt mit hängender Zunge los, um das Stöckchen zu holen. „Es lässt sich kaum bezweifeln, dass die Liebe zum Menschen beim Hund zu einem Instinkt geworden ist“, wusste schon Charles Darwin zu berichten, und jeder Hundebesitzer würde ihm wohl sofort nachdrücklich zustimmen. Heutige Forscher lehnen sich zwar nicht ganz so weit aus dem Fenster, doch auch sie sind überzeugt: Zwischen Hund und Mensch gibt es eine Beziehung, die einzigartig ist – und sich wohl nur durch das lange intensive Zusammenleben erklären lässt.

Besonders, was das Verstehen und Interpretieren von Herrchens oder Frauchens Gesten angeht, macht Hunden so schnell keiner etwas vor – nicht einmal Schimpansen, die immerhin unsere engsten Verwandten sind, berichtet das Magazin „bild der wissenschaft“ in seiner Juli-Ausgabe. Hunden reicht schon ein kurzes Kopfnicken in Richtung eines Bechers mit verstecktem Leckerli vollkommen als Hinweis aus – sie verstehen ebensogut wie ein- bis zweijährige Kinder, was das bedeutet. Das funktioniert selbst dann, wenn man zu einem anderen Becher läuft, aber auf den richtigen zeigt. Bei Schimpansen schaffen die gleiche Aufgabe lediglich zwei von elf.

Der ungarische Hundeforscher Ádám Miklósi ist sogar davon überzeugt, dass dieses innige Verständnis bei den Hunden tatsächlich, wie Darwin sagen würde, zum Instinkt geworden ist, sprich: Es ist genetisch verankert und damit angeboren. Schließlich, so sein Hauptargument, reagieren schon ganz junge Welpen auf Fingerzeig und Kopfnicken – im Gegensatz zu Wölfen, die, selbst wenn sie von Menschen aufgezogen werden, nie wirklich verstehen, was diese eigentlich von ihnen wollen. „Wir sind sicher, dass die Hunde im Verlauf der Domestizierung viele sozial-kognitive Fähigkeiten des Menschen übernommen haben und dass so etwas wie eine gemeinsame Evolution stattgefunden hat“, formuliert es der US-Psychologe Brian Hare von der renommierten Duke-Universität etwas wissenschaftlicher.

Die Domestizierung und damit die gemeinsame Geschichte von Mensch und Hund begann vor mindestens 15.000 Jahren in Ostasien, als sich der Ur-Hund aus dem Wolf entwickelte. Vermutlich hielten sich diese ersten Hunde in der Nähe der menschlichen Lager auf – nicht, weil sie die Menschen so sehr mochten, sondern weil sich unter deren Abfällen wohl immer wieder etwas Fressbares fand. Beim Menschen haben dann möglicherweise die Wachsamkeit und das Jagdtalent der ungebetenen Gäste Interesse geweckt, und er begann, die Tiere als Wächter und Jagdhelfer zu nutzen. Aus dieser Zweckgemeinschaft wurde schließlich eine dauerhafte Bindung, nicht zuletzt deshalb, weil die Hunde ein Talent hatten, sich dem Verhalten des Menschen anzupassen.

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Heute zeigen sie selbst ein Verhalten, das als menschenähnlich bezeichnet werden kann: Sie pflegen lebenslange Bindungen, sind Kooperations- und Kommunikationstalente, können andere hervorragend imitieren und sind in der Gruppe weniger aggressiv. Miklósi vermutet dahinter das Wirken von Hormonen, vor allem Oxytocin
und Vasopressin, und Gehirnbotenstoffen wie Serotonin. Sie seien schließlich auch bei vielen anderen Tieren inklusive dem Menschen Schlüsselfaktoren für das Bindungs- und Aggressionsverhalten, warum also nicht auch beim Hund, konstatiert er – den Nachweis bleibt er bislang allerdings noch schuldig.

Und noch in einem anderen Bereich ähneln die Vierbeiner dem Menschen – wahrscheinlich sogar mehr, als ihnen lieb ist: Sie werden von den gleichen Krankheiten geplagt. Genau wie bei ihren Herrchen und Frauchen gehören bei Hunden Krebs, Allergien, Herzkrankheiten und Epilepsie zu den häufigsten Gesundheitsproblemen, berichtet „bild der wissenschaft“.

Selbst von psychischen Störungen bleiben sie nicht verschont, seien es nun Zwangsneurosen, Panikstörungen oder ADHS. Hier scheint sich sogar der Entstehungsmechanismus zu gleichen, denn bei Hunden mit ADHS-Symptomen hat Miklósi ähnlich veränderte Rezeptoren für den Botenstoff Dopamin im Gehirn nachgewiesen, wie sie auch vom Menschen bekannt sind. Auch das ist wohl auf die lange gemeinsame Geschichte zurückzuführen – denn Mensch und Hund leben in derselben Umgebung und werden daher von den gleichen Umweltfaktoren und -risiken beeinflusst.

Bei so vielen Ähnlichkeiten sollte es also nicht verwundern, dass der Hund bei vielen Menschen den Platz eines Familienmitglieds oder gar eines Kindes einnimmt – vor allem, wenn man mit einrechnet, wie sehr der Mensch vom Hund profitiert: Ein vierbeiniger Begleiter verringert Stress, senkt den Blutdruck und die Cholesterinwerte, stabilisiert die Psyche in Krisenzeiten, hilft beim Knüpfen sozialer Kontakte und stärkt das Selbstwertgefühl, haben Studien nachgewiesen. Oder, wie es der Journalist Ernst Elitz formuliert: „Ohne den Hund käme der Mensch auf den Hund“.

Simone Einzmann: „Der Mensch im Hund“ bild der wissenschaft 7/2008, S. 86 ddp/wissenschaft.de – Ilka Lehnen-Beyel
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