Dank ihres Körperbaus bewältigen laufende Hunde Kurven mit voller Geschwindigkeit und ohne vorher langsamer zu werden. Menschliche Sprinter dagegen müssen vor jeder Biegung abbremsen, da sie sonst aus der Bahn geworfen werden. Zu diesen Ergebnissen gelangen britische Forscher anhand zweier Studien. Ihrer Ansicht nach hängt der gefundene Unterschied mit der unterschiedlichen biomechanischen Funktionsweise der Körper von Zwei- und Vierbeinern zusammen. Beim Menschen müssen die Beinmuskeln nämlich nicht nur die Kraft zum Laufen aufbringen, sondern zugleich auch das in Kurven größere Körpergewicht tragen. Bei Hunden dagegen besteht in dieser Hinsicht Arbeitsteilung: Hüfte und Hinterläufe sorgen für die Spitzengeschwindigkeit, während die Vorderbeine das Körpergewicht bewältigen.
Wenn Laufathleten in einer Arena über ihre Bahn fliegen, geht es nicht ganz fair zu. Das konnten die Forscher beweisen, als sie die Ergebnisse der 200-Meter-Bewerbe bei der Indoor-Weltmeisterschaft und den Olympischen Spielen von 2004 analysierten: Für Sprinter auf den inneren Bahnen ist der Radius der zu bewältigenden Kurven kleiner als für Sportler, die weiter außen laufen. Je enger aber eine Kurve ist, desto größer ist die dabei entstehende
Zentripetalkraft, die den Läufer zur Mitte der Kurve hinzieht. Vereint erhöhen Zentripetal- und Schwerkraft das empfundene Körpergewicht des Athleten, und um dieses bewältigen zu können, muss der Läufer den Bodenkontakt seiner Füße erhöhen: Er muss in Kurven öfter auftreten als auf einer geraden Laufstrecke, wodurch sich seine Geschwindigkeit verringert.
Hunde kennen dieses Problem nicht, und den Grund dafür entdeckten die Wissenschaftler, als sie die Lauftechnik von vierzig englischen Windhunden bei Testrennen in einer Arena untersuchten. Im Unterschied zu Menschen verändern die Vierbeiner in Kurven nicht die Anzahl ihrer Schritte, da sie über eine ganz andere Form des Laufantriebs verfügen, sagen die Forscher.
Bei menschlichen Sprintern müssen die für das Laufen eingesetzten Muskeln zugleich auch noch das Körpergewicht tragen, das eben in Kurven größer ist. Im Körper von Hunden sind diese Aufgaben hingegen verteilt: Die Hinterbeine liefern allein die für das Sprinten notwendige Kraft. In Kurven wird die Laufbewegung durch Verdrehen der Hüfte und Streckung des Rückens weiter unverändert angetrieben. Mit dem Körpergewicht und seinem Zuwachs in Kurven müssen dagegen die Vorderbeine fertig werden. Ihre Knochen, Muskeln und Sehnen ähneln passiven Federn, die einem beträchtlichen Gewicht standhalten können. Dank dieser Arbeitsteilung sind die Vierbeiner nicht gezwungen, vor Kurven einen Gang runter zu schalten.
James Usherwood & Alan Wilson ( The Royal Veterinary College, Hatfield): Biology Letters, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1098/rsbl.2005.0399 James Usherwood & Alan Wilson: Nature, Bd. 438, S. 753 ddp/wissenschaft.de ? Martina Feichter