Um nun jedoch das fleischliche Bauchgefühl hervorzurufen, zeigten die Wissenschaftler den Testteilnehmer mehrere Hundert Fotos von Frauen und Männern, die eine von drei der als universell geltenden Emotionen zeigten: Freude, ausgedrückt durch ein breites Lächeln, Stolz mit einem erhobenen Kopf und einer vorgereckten Brust und Scham, der sich durch einen abgewendeten Blick und einen gesenkten Kopf zeigte. Jeder Proband bekam nur Bilder des jeweils anderen Geschlechts gezeigt und sollte dann spontan auf einer Skala von eins bis neun angeben, wie attraktiv in sexueller Hinsicht er oder sie das abgebildete Gesicht fand.
Beim Ergebnis gab es recht krasse Geschlechtsunterschiede: Männer fühlten sich von den Frauen am meisten angezogen, die lächelten ? und am wenigsten von denen, die eine stolze Haltung einnahmen. Frauen standen dagegen am wenigsten auf lächelnde Männer und am meisten auf die mit stolzgeschwellter Brust und arrogant erhobenem Kinn. Scham kam überraschenderweise bei beiden Geschlechtern relativ gut an, sagen die Psychologen.
Sie erklären diesen Effekt wie folgt: Was man attraktiv findet, hat sich in Jahrhunderten zum einen durch den Einfluss der Evolution und zum anderen durch die Kultur entwickelt. Stolz beispielsweise impliziere Dominanz, Kompetenz und damit auch einen hohen sozialen Status, was wiederum mit der Fähigkeit Hand in Hand geht, Kinder und Partnerin versorgen zu können. Zudem werden bei einer stolzen Haltung genau die körperlichen Merkmale eines Mannes betont, die auch sonst viel zur Attraktivität beitragen ? der Oberkörper erscheint größer und die Muskeln an Torso und Hals treten deutlicher hervor. Gleichzeitig entspricht die Vorliebe der Frauen den immer noch geltenden sozio-kulturellen Geschlechterbildern. So wird Lächeln zum Beispiel mit Unterwerfung und fehlender Dominanz assoziiert ? und das passt nicht zum Idealbild des wortkargen, starken Mannes, der unbeirrt und unbeeinflusst von Gefühlen seinen Weg geht. Scham hingegen sei deswegen attraktiv, weil ein verschämt gesenkter Kopf zeige, dass man sich sozialer Normen bewusst ist und sich schlecht fühlt, wenn man diese nicht befolgt. Das schaffe Vertrauen, ein Faktor, der für beide Geschlechter wichtig ist.
Einschränkend müsse man jedoch sagen, dass in der aktuellen Studie ausschließlich heterosexuelle Menschen aus westlichen Industrieländern getestet worden seien, geben die Forscher zu bedenken. Es sei spannend, diese Ergebnisse mit denen von Homosexuellen und von Menschen aus anderen Kulturkreisen zu vergleichen ? ein Vorhaben, das sie als nächstes umsetzen wollen.