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Was den Tumor zum Tumor macht

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Was den Tumor zum Tumor macht
Einem US-Forscherteam ist es erstmals gelungen, das komplette Erbgut von insgesamt sieben Prostatatumoren zu entziffern. Dabei fanden sie heraus, dass das Genom der Tumoren eher seltener Mutationen, also den Austausch einzelner Buchstaben, enthält. Dafür kommen aber sehr viele größere Umlagerungen und Umbauten ganzer Erbgutabschnitte vor, bei denen zum Beispiel DNA-Stücke an der falschen Stelle ins Genom eingefügt sind. Solche Veränderungen können wichtige Steuergene der Zelle funktionsunfähig machen – mit der Folge, dass sich die Zelle unkontrolliert zu teilen beginnt und entartet. Die Forscher entdeckten außerdem neue Gene, die für das Wachstum der Tumoren verantwortlich zu sein scheinen. Auf Basis der neuen Erkenntnisse können in Zukunft möglicherweise neue Diagnosewerkzeuge für die Erkrankung sowie neue Waffen für den Kampf gegen den Prostatakrebs entwickelt werden, schreiben die Wissenschaftler um Mark Rubin.

Prostatatumoren gehören zu den häufigsten Krebserkrankungen des Mannes: Allein in Deutschland wird laut Robert-Koch-Institut pro Jahr bei über 60.000 Männern ein Prostatakarzinom diagnostiziert, und knapp 12.000 Patienten sterben jährlich an der bösartigen Krankheit. Das Forschungsziel ist es daher zum einen, neue Medikamente gegen den Krebs zu entwickeln. Zum anderen ist es auch wichtig, den genetischen Ursachen für die Entstehung der Karzinome auf die Spur zu kommen und dadurch neue Diagnoseverfahren entwickeln zu können. Dazu haben die Wissenschaftler jetzt mit Hilfe einer modernen Sequenzierungsmethode das komplette Genom von sieben Prostatakrebstumoren von sieben verschiedenen Patienten entziffert. Alle Männer litten an einem Karzinom im bereits fortgeschritten Entwicklungsstadium. Die Forscher verglichen das Krebsgenom der jeweiligen Probanden mit dem Erbgut ihres gesunden Gewebes, um die genetischen Veränderungen in den Krebszellen identifizieren zu können.

„Eine der großen Überraschungen unserer Untersuchungen war, dass das Prostatakrebs-Genom gar nicht so viele Mutationen in den Buchstabenpaaren hat“, erklärt Studienleiter Rubin, „dafür aber umso mehr größere DNA-Umlagerungen.“ Diese Genumlagerungen entstehen, wenn ein DNA-Stück aus einer Stelle des Erbguts herausgebrochen und an einem anderen Ort wieder eingebaut wird. Dadurch können sogenannte Fusionsgene entstehen, die andere Gene in ihrer Funktion stören. Das kann dazu führen, dass sich eine gesunde Zelle zu einer Krebszelle entwickelt. Einige der Genumlagerungen zerstörten beispielsweise sogenannte Tumorsuppressorgene, die normalerweise die Krebsentstehung verhindern. Aber auch die Gene von verschiedenen Hilfseiweißen, die beispielsweise anderen Proteinen bei der korrekten Faltung helfen oder an der Stressreaktion beteiligt sind, waren betroffen.

Die Forscher stellten zudem fest, dass diese Genumlagerungen nicht zufällig im Erbgut der Prostatakrebszellen verstreut waren: In einigen der Karzinome befanden sich die DNA-Umlagerungen vor allem in Bereichen, die genetisch inaktiv waren. In anderen Tumorzellen waren sie dagegen besonders oft in äußerst aktiven Regionen anzutreffen. Die Wissenschaftler vermuten daher, dass den Zellen diese folgeträchtigen Fehler dann unterlaufen, wenn Gene ab- oder angeschaltet werden. Bei ihrer Suche nach den Fusionsgenen im Erbgut der Prostatakrebszellen stießen die Forscher allerdings auch auf bisher unbekannte Gene, die offenbar eng mit der Krebserkrankung verknüpft sind. Außerdem entdeckten sie neue Mechanismen, die das Krebswachstum vorantreiben.

Mark Rubin (Weill Cornell Medical College, New York), Levi Garraway (Harvard University) et al: Nature, doi:10.1038/nature09744 dapd/wissenschaft.de – Peggy Freede
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