Zu den Neuheiten, die bei den Bärlappgewächsen erstmals auftauchen, gehört die Ausbildung von verholzten Gefäßen, in denen Wasser und Nährstoffe transportiert werden. „Außerdem finden wir bei diesen Vertretern erstmals Sprossachsen und gut entwickelte Blätter“, erläutert Bioinformatikerin Lydia Gramzow. Dank der jetzt vorliegenden vollständigen Erbgutsequenz konnten die Forscher nun das erste Mal gezielt nach bestimmten Genen in Selaginella suchen. „Durch den Vergleich mit dem Genom anderer Landpflanzen können wir nun erkennen, wann bestimmte Gene im Verlaufe der Evolution entstanden sind“, so die Jenaer Nachwuchswissenschaftlerin. „Es zeigte sich beispielsweise, dass die Eroberung des Landes – der Übergang von den Grünalgen zu den Moosen – von einer wesentlich umfangreicheren Entstehung neuer Gene begleitet war, als die Entstehung der Gefäßpflanzen beim Übergang von den Moosen zu den Bärlappen. Die Entstehung der Samenpflanzen erforderte dann wieder mehr neue Gene“, macht Lydia Gramzow deutlich.
Innerhalb des über 100-köpfigen Autorenteams aus Amerika, Europa, Australien und Asien haben die Jenaer Genetiker das Selaginella-Genom gezielt nach Gengruppen durchforstet, die bei höheren Pflanzen die Blütenentwicklung steuern. Dabei haben sie allerdings nur entfernte Verwandte dieser Gene gefunden. „Ein Ergebnis, das wir erwartet haben“, resümiert Prof. Theißen, der sich in seiner Forschung auf Gene der Blütenentwicklung spezialisiert hat. Nahe Verwandte dieser Gene sind in der Evolution offenbar erst nach der Entstehung der Bärlappgewächse aufgetaucht – parallel zur Entstehung des Samens bei Samenpflanzen. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Linie, die zu den heute lebenden Samenpflanzen führt, bereits von den Bärlappgewächsen getrennt. „Das ist möglicherweise einer der Gründe, warum Bärlappgewächse bestimmte Innovationen nicht ausbilden konnten und daher im Verlauf der Evolution von den Samenpflanzen aus den meisten Lebensräumen verdrängt worden sind“, fügt Prof. Theißen hinzu.