Die Domestizierung hinterlässt bei Füchsen Spuren im Gehirn: Das Muster an- und abgeschalteter Gene bei wilden Silberfüchsen unterscheidet sich in bestimmten Hirnregionen deutlich von dem ihrer Artgenossen, die bereits seit Generationen in Gefangenschaft leben. Das hat ein schwedisch-norwegisches Forscherteam entdeckt. Überraschenderweise sind diese Unterschiede jedoch praktisch unabhängig davon, ob die domestizierten Tiere dem Menschen gegenüber zahm oder eher aggressiv sind.
Die Wissenschaftler untersuchten in ihrer Studie wilde Silberfüchse, auf einer Farm lebende Tiere und eine ebenfalls in Gefangenschaft lebende Gruppe von Füchsen, die jedoch über 40 Generationen hinweg speziell auf zahmes Verhalten gezüchtet worden war. Bei diesen Tieren verglichen die Forscher im
Frontallappen, der
Mandelkernregion Amygdala und dem
Hypothalamus knapp 30.000 Gene. Im Fokus der Wissenschaftler stand dabei die so genannte Genaktivität, also die Frage, ob ein Gen an- oder ausgeschaltet ist. Aktive Gene produzieren Eiweiße, die in diesem Fall wichtige Rollen bei der Kontrolle der Hirnaktivität spielen können, während die Information ausgeschalteter Gene nicht für die Eiweißproduktion zur Verfügung steht.
Das Ergebnis: Zwischen den wilden und den domestizierten Füchsen wich die Aktivität bei gut acht Prozent der untersuchten Gene deutlich voneinander ab. Dabei spielte es keine Rolle, ob es sich bei den in Gefangenschaft lebenden Tieren um die sehr zahmen oder um die mit dem eher wilden Verhalten handelte. Das bestätigte sich auch beim Vergleich der Genaktivitäten der beiden domestizierten Gruppen: Obwohl sich die Tiere in ihrem Verhalten stark unterschieden, war lediglich 0,1 Prozent ihrer Gene unterschiedlich aktiv.
Demnach sind nur sehr wenige Gene und deren Genprodukte für die Entstehung des zahmen Verhaltens zuständig, schlussfolgern die Forscher. Das sei besonders deswegen überraschend, weil der erste Schritt bei der Domestizierung vieler Tiere die Auswahl sehr friedlicher Individuen sei. Die deutlicheren Unterschiede zwischen den wilden und den domestizierten Füchsen sind nach Ansicht der Wissenschaftler daher wahrscheinlich auf andere Faktoren der Domestizierung wie die Anpassung an das Leben in der Gefangenschaft zurückzuführen.
Julia Lindberg ( Universität Uppsala) et al.: Current Biology, Bd. 15, Nr. 22, S. R916 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel