Die Natur bevorzugt die Linken – zumindest bei der Entstehung von Aminosäuren. Diese Moleküle, die Bausteine von Proteinen, können in zwei Formen existieren, die sich in der Anordnung der Atome unterscheiden: einer linksdrehenden (L) und einer rechtsdrehenden (R) Variante. Beide haben dieselben chemischen Eigenschaften und entstehen bei der Synthese im Labor stets in gleichen Anteilen. In lebenden Organismen dagegen kommen nur linksdrehende Aminosäuren vor – die Ursache dafür ist bis heute nicht geklärt.
Nun hat Meir Shinitzky vom Weizmann-Institut in Rehovot (Israel) eine mögliche Erklärung gefunden – in der Schwachen Kernkraft. Diese Kraft, die auch für bestimmte radioaktive Zerfälle verantwortlich ist, macht L-Moleküle leicht magnetisch und verleiht ihnen dadurch eine geringfügig andere Energie als den R-Molekülen. Um die Auswirkung dieser Differenz zu untersuchen, gab der Forscher Polyglutaminsäure – ein spiralförmiges Molekül – in Salzsäure, die die Spirale auflöst. Resultat: Zum Auflösen von linksdrehender Polyglutaminsäure ist doppelt so viel Salzsäure nötig. Der Grund dafür, glaubt Shinitzky, ist, dass das Wasser in der Salzsäure-Lösung zu drei Vierteln aus „Ortho-Wasser“ und zu einem Viertel aus „Para-Wasser“ besteht. Ortho-Wasser, bei dem die Spins der beiden Wasserstoff-Atome parallel orientiert sind, ist magnetisch – Para-Wasser, in dem die Wasserstoff-Atomspins entgegengesetzt gerichtet sind, hingegen nicht. Die durch die Schwache Kernkraft ebenfalls leicht magnetischen L-Molekülspiralen, so die These, werden durch Ortho-Wasser stabilisiert – daher ist mehr Salzsäure nötig, um sie aufzulösen. Entsprechend könnte natürliches Wasser die Entstehung von linksdrehenden Aminosäuren begünstigen.