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Weltkarte enthüllt Baumarten-Vielfalt

Erde|Umwelt

Weltkarte enthüllt Baumarten-Vielfalt
Waldkarte
Die erste weltweite Karte der Baumarten-Vielfalt. Gelb-orange kennzeichnet eine besonders hohe Biodiversität. (Bild: Petr Keil und Jonathan Chase)

Bäume gibt es fast überall auf der Erde – doch wie sind sie verteilt? Und wo ist die Artenvielfalt der grünen Riesen besonders hoch? Das zeigt nun die erste lückenlose Weltkarte der Baumartenverteilung. Sie enthüllt, wo besonders viele verschiedene Bäume wachsen und welche Umweltfaktoren dies begünstigen. Eine der überraschenden Erkenntnisse daraus: Im Süden Chinas, in Mexiko und Äthiopien ist die Baumartenvielfalt sogar noch größer als im „klassischen“ Regenwald.

Ob in den Regenwäldern der Tropen, als Bergwald am Hang der Gebirge oder als einzeln stehende Baumriesen in der Savanne: Bäume sind eine entscheidende Pflanzengruppe unseres Planeten. Sie prägen nicht nur ganze Landschaften, sondern versorgen auch die Atmosphäre mit frischem Sauerstoff und wirken als Puffer im Klimasystem. Zudem gehören sie zu den zahlreichsten Wesen der Erde: In einer ersten globalen „Volkszählung“ der Bäume kamen Wissenschaftler vor einigen Jahren zu dem Ergebnis, das es auf der Erde mehr als drei Billionen Bäume gibt – das entspricht rund 400 Bäumen für jeden Menschen.

Offen blieb jedoch bisher, wie sich diese enorme Baumzahl über die Erde verteilt: Wo liegen die Hotspots der Artenvielfalt? Und was bestimmt diese Biodiversität? Diese Fragen zu beantworten, war bisher kaum möglich. Denn für einige Gebiete gibt es zwar detaillierte Bestandsaufnahmen, andere jedoch sind bisher nur über Satellitenaufnahmen grob abgebildet – und das reicht nicht aus, um die Artenverteilung zu ermitteln. „Wir müssen die Bäume nicht nur zählen, sondern auch bestimmen, welche Arten es sind“, erklärt Erstautor Petr Keil vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) in Leipzig.

Puzzle mit 1000 Teilen und ohne Bild

Um trotz der lückenhaften Daten eine erste Weltkarte der Baumartenvielfalt zu erstellen, haben Keil und sein Kollege Jonathan Chase ein mehrschrittiges Verfahren entwickelt. Im ersten Schritt sammelten sie mehr als tausend Baumartenlisten, die in früheren Studien zusammengestellt worden waren. Einige deckten nur den Bestand auf kleinen Versuchsflächen ab, andere listeten den Bestand ganzer Länder – aber in weitaus geringerer Genauigkeit. Denn die Information, wo die verschiedenen Arten innerhalb des Landes wachsen und wie häufig, fehlt in solchen nationalen Listen meist.

Diese Lücken konnten die Forscher nun mithilfe eines statistischen Modells schließen. Dieses kombiniert die Daten einzelner, genau untersuchter Flächen mit den gröberen Daten der Länderlisten und rekonstruiert daraus die wahrscheinliche Artenverteilung des gesamten Gebiets. „Es ist wie ein 1000-Teile-Puzzle, von dem wir nur wenige Puzzleteile hatten, und von dem wir auch das Gesamtbild nicht kannten“, sagt Chase. „Mit unserem Ansatz konnten wir die fehlenden Teile berechnen und das Puzzle zusammensetzen.“

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Das Geheimnis der Bergtäler

Das Ergebnis ist eine lückenlose Karte aller bewaldeten Gebiete der Erde. Sie bestätigt unter anderem, dass die höchste Artenvielfalt der Bäume in den feuchtwarmen Tropen herrscht. In den Regenwäldern Mittelamerikas, Afrikas und Südostasiens stehen am meisten unterschiedliche Baumarten auf gleichem Raum, wenn man die lokale Ebene betrachtet. Doch die neue Karte liefert auch überraschende Erkenntnisse. Denn wie die Forscher feststellten, unterscheidet sich die Baumarten-Vielfalt zwischen verschiedenen Orten gleichen Klimas zum Teil erheblich.

So ist die Vielfalt auf regionaler Ebene im Süden Chinas, in Mexiko oder im äthiopischen Hochland sogar noch größer als in den Regenwäldern der gleichen Klimazone. Auf der kleinräumigen, lokalen Ebene sind die Unterschiede zwar gering. Anders ist dies jedoch, wenn man beispielsweise den Bestand benachbarter Täler zusammen betrachtet. Diese sogenannte Beta-Diversität ist in den trockenen, gebirgigen Tropen besonders hoch, wie die Forscher herausfanden. Den Grund vermuten sie in der kleinräumigen Struktur dieser Lebensräume, die im Laufe der Evolution immer wieder zur Isolation bestimmter Baumbestände und damit zur Entwicklung neuer, unterschiedlicher Arten führte.

Die neue Karte der Baumartenverteilung liefert damit nicht nur einen Überblick über die Hotspots der Artenvielfalt, sie könnte künftig auch dazu beitragen, Baumbestände gezielter zu schützen. So ist aufgrund der neuen Daten nun klar, dass es beispielsweise in den Bergen Chinas nicht ausreicht, nur ein Tal zu schützen. Erst die Vielzahl der unterschiedlichen Täler macht den hohen biologischen Wert dieser Gegend aus. „Um Biodiversität wirklich zu verstehen und schützen zu können, müssen wir sie gleichzeitig auf der lokalen und auf der regionalen Skala betrachten“, sagt Keil.

Quelle: Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig, Fachartikel: Nature Ecology & Evolution. doi:10.1038/s41559-019-0799-0

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