Fremde zu besiegen, macht mehr Spaß, als gegen Freunde zu gewinnen. Diese Erkenntnis ist mehr ist als eine Binsenweisheit, haben US-Forscher herausgefunden, als sie den Testosteronspiegel von Computerspielern genauer untersuchten. Sie teilten die Männer in Gruppen ein und ließen sie einmal gegen Mitglieder anderer Gruppen und einmal gegen die eigene Mannschaft kämpfen. Dabei wurde der Körper der Spieler im Siegesfall von einer Testosteronwelle und einem damit verbundenen Hochgefühl durchflutet ? aber nur, wenn der Verlierer nicht zum eigenen Team gehörte. Die Forscher vermuten dahinter einen alten Mechanismus, der aggressives Verhalten nur dann belohnt, wenn dabei Feinde und nicht Freunde zu Schaden kommen.
Das oft als Männlichkeitshormon bezeichnete Testosteron wird nach einer körperlichen Anstrengung ausgeschüttet. Forscher vermuteten zudem, dass es auch mit dem Hochgefühl beim Besiegen eines Gegners assoziiert ist. Um die beiden Effekte voneinander unterscheiden zu können, mussten sie Probanden in Kampfsituationen bringen, ohne dass diese sich dabei körperlich anstrengten. Die Wissenschaftler fanden das ideale Versuchsfeld in den sogenannten Ego-Shootern. Das sind Computerspiele, bei denen der Spieler sich in einer 3D-Umgebung bewegt und mit mehr oder weniger realistischen Waffen andere Spieler ausschaltet. Die Forscher teilten 42 Männer in 14 Gruppen ein, unterzogen sie Gruppenbildungsritualen und ließen sie dann ein Spiel mit dem sinnigen Namen ?Onslaught? ? auf Deutsch ?Ansturm? ? spielen. Dabei kreierten die Forscher zwei Szenarien: Entweder spielten die Gruppen als Teams gegeneinander, oder die einzelnen Mitglieder mussten einen Eins-zu-Eins-Kampf gegen ein Mitglied der eigenen Mannschaft führen.
Die Forscher fanden heraus, dass die Testosteronausschüttungen tatsächlich mit dem Niederschlagen eines Gegners einhergingen. Wenn ein Spieler entscheidend zum Sieg seiner Mannschaft beigetragen hatte, waren die Hormonwerte sogar besonders hoch. Im Gegensatz dazu sanken die Testosteronwerte der Männer in den Keller, wenn sie im direkten Kampf einen Spieler aus dem eigenen Team ausgeschaltet hatten. Selbst die in diesen gruppeninternen Kämpfen unterlegenen Spieler hatten höhere Werte als die daraus hervorgegangenen Sieger.
?In einem ernsten Kampf zwischen zwei Gruppen kann ein Spieler all seine Gegner töten und zieht nur Vorteile daraus. Aber die eigenen Teammitglieder kann man nicht als Feinde ansehen, da man sie braucht?, erklärt Co-Autor David Geary. Gruppeninterne Kämpfe, bei denen beispielsweise die Hierarchie festgelegt wird, zielten deshalb auch selten auf die komplette Vernichtung des Gegners. Ähnliche Resultate hatten Forscher auch bei Dominospielern aus der dominikanischen Republik gemessen, die gegen solche aus anderen Dörfern antraten.
Jonathan Oxford (Universität von Missouri in Columbia) et al.: Evolution and Human Behaviour, doi: 10.1016/j.evolhumanbehav.2009.07.002 ddp/wissenschaft.de ? Martina Bisculm