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Wie Beduinen Sprachforschern helfen

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Wie Beduinen Sprachforschern helfen
Bereits sehr früh in der Entwicklung einer Sprache bilden sich grammatikalische Strukturen und Regeln. Das zeigt die Untersuchung einer relativ neuen Zeichensprache, die sich in einer isolierten Beduinengemeinschaft in der israelischen Negev-Wüste entwickelt und momentan erst in der dritten Generation verwendet wird. Die neue Sprache hat dabei völlig eigene Regeln, die weder von den in der Umgebung gesprochenen Dialekten noch von den dort verwendeten Gebärdensprachen geprägt sind. Sie ist daher ein gutes Modell für die Entstehung von Sprachen, berichten Wendy Sandler von der Universität von Haifa und ihre Kollegen in der Fachzeitschrift PNAS (Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1073/pnas.0405448102).

Die untersuchte Zeichensprache ist neben Arabisch die zweite allgemeine Sprache einer Beduinengemeinschaft namens Al-Sayyid-Gruppe. Die Gemeinschaft wurde vor etwa 200 Jahren in der Negev-Wüste gegründet und besteht aus etwa 3.500 Mitgliedern, die alle zusammen in einem isolierten Dorf leben. In den letzten drei Generationen wurden ungewöhnlich viele Gehörlose geboren, die alle von zwei Söhnen des Gemeinschaftsgründers abstammen. Daher lässt sich die Entstehung der Zeichensprache zeitlich sehr gut eingrenzen, schreiben die Forscher.

Schon in der zweiten Generation geht die Al-Sayyid-Sprache über das einfache Bezeichnen von Gegenständen, Personen und Eigenschaften hinaus, entdeckten die Wissenschaftler bei der Beobachtung von acht Mitgliedern der Gemeinschaft. Die Sprache weist deutliche grammatikalische Strukturen auf, die es ermöglichen, Beziehungen zwischen verschiedenen Objekten auszudrücken. Die Sätze folgen dabei relativ strikt der Ordnung Subjekt ? Objekt ? Prädikat, und näher bezeichnende Adjektive oder Zahlwörter stehen prinzipiell hinter dem Substantiv. Da diese Struktur weder im Arabischen noch in der israelischen oder jordanischen Zeichensprache vorkommt, schließen die Forscher, dass die Al-Sayyid-Sprache ohne jeden äußeren Einfluss entstanden ist.

Die Zeichensprache ist nach Ansicht der Wissenschaftler deswegen einzigartig, weil sie vollständig natürlich in einer stabilen Gemeinschaft gewachsen ist und nicht aus der Verschmelzung anderer, bereits existierender Sprachen entstand. Sie wird nicht in einer schulischen Umgebung erlernt, sondern innerhalb der Familien weitergegeben. Ihre Entstehung könnte daher ein Modell dafür sein, wie sich die ersten menschlichen Sprachen entwickelt haben. Die Bildung grammatikalischer Strukturen in einer derart frühen Phase der Sprachentwicklung spiegele dabei die Neigung des menschlichen Geistes wider, ein Kommunikationssystem zu strukturieren, um damit Zusammenhänge auch unabhängig vom Kontext beschreiben zu können.

ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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