Viele Stoffe, die sich im Blut befinden, werden beim Wachstum der Haare in diese eingelagert. Da Haare pro Tag ungefähr 0,4 Millimeter wachsen, spiegeln sie die Geschehnisse im Körper eines Menschen zeitlich genau wider. Reiter verdampfte Beethovens Haare mit einem Laserstrahl und maß die Bleikonzentration in dem dabei entstehenden Rauch. Dabei fand er keine gleichmäßige Verteilung von Blei im gesamten Haar Beethovens, sondern phasenweise extreme Anstiege der Bleikonzentration. Diese Anstiege traten immer dann auf, wenn Beethoven zuvor eine Bauchpunktion über sich ergehen lassen musste, erklärt Reiter. Auch nachdem Beethoven Wawruchs „entzündungsauflösendes Mittel“ eingenommen hatte, nahm die Bleikonzentration in seinem Haar rapide zu.
Antibiotika der damaligen Zeit enthielten viele giftige Stoffe, darunter auch Blei. Reiter sieht die Flüssigkeitsansammlungen im Bauch des Komponisten als Folge einer Bleivergiftung, die durch Wawruchs „entzündungsauflösendes Mittel“ zustande gekommen ist. Als Wawruch dann in den Bauch des Komponisten stach, um ihm zu helfen, verschlimmerte er die Bleivergiftung nur noch mehr ? bis Beethoven schließlich verstarb. Ein Vorwurf kann Wawruch aber kaum gemacht werden, so Reiter: Nach dem damaligen Stand der Medizin habe er nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.
Die Vermutung, dass Beethoven aufgrund einer Bleivergiftung ertaubte, kann Reiter nicht bestätigen. Dafür müsse sich über dreißig Jahre kontinuierlich Blei in seinen Haaren abgelagert haben. Das sei bei Beethoven eindeutig nicht der Fall gewesen, so Reiter.