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Wie das Gehirn Farben, Gestalten und Bedeutungen sortiert

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Wie das Gehirn Farben, Gestalten und Bedeutungen sortiert
Wie speichert unser Gehirn die Umgebung ab? Werden die Dinge, die wir sehen, in unserem Gehirn in Fragmente und Kennzeichen zerlegt und bei Abruf wieder zusammengesetzt? Oder werden sie als Abbilder bewahrt? Hinweise zur Klärung dieser Fragen konnten Wissenschaftler nun aus der Erforschung der so genannten Synästhesie – der Verschmelzung mehrerer Sinneseindrücke ? gewinnen, berichtet „Nature“.

Menschen, die Synästhesien erleben, sehen zum Beispiel Buchstaben oder Zahlen immer in Zusammenhang mit einer bestimmten Farbe. Australische Wissenschaftler haben untersucht, wieviel Bewusstsein notwendig ist, damit die Synästhesie erlebt werden kann. So kann festgestellt werden, ob zum Beispiel Farbe und Gestalt schon im vorbewussten Zustand zusammen gedacht werden.

Jason Mattingley von der University of Melbourne und seine Kollegen haben fünfzehn Personen mit einer so genannten Farbe-Graphem-Synästhesie untersucht. D.h. diese Personen sehen Buchstaben oder Zahlen immer in Verbindung mit einer Farbe, etwa eine „7“ in Gelb oder ein „i“ in Blau. Diese Erfahrung haben die Synästhesisten von Geburt an. Oft kommt das Phänomen in ihrer Familie gehäuft vor.

Die Forscher baten die Versuchspersonen und eine Kontrollgruppe von ebenfalls fünfzehn Personen (Non-Synästhesisten), die Farbe eines rechteckigen Flecks zu bestimmen, nachdem sie ihnen jeweils 500 Millisekunden lang einen grauen Buchstaben oder eine graue Zahl gezeigt hatten. Je nachdem, wie sehr die Farbe für eine Versuchsperson zu dem vorangegangenen Graphem passte, erfolgte die Antwort der Synästhesisten schneller oder langsamer.

In einem zweiten Versuch präsentierten die Wissenschaftler den Versuchspersonen ebenfalls ein Graphem und dann einen Farb-Fleck. Dieses Mal jedoch wurde das Graphem nur 28 oder 56 Millisekunden lang gezeigt und dazu noch in einer so genannten visuellen Maske, d.h. das Graphem war nur verschwommen erkennbar. Die Zeitspanne von 28 bzw. 56 Millisekunden liegt deutlich unter der Wahrnehmungsschwelle, so dass das Graphem bewusst nicht mehr wahrgenommen wurde. Jetzt, so zeigte sich, hatte das Graphem keinen Einfluss darauf, wie schnell die Versuchspersonen die Farbe benannten. Synästhesisten und Kontrollgruppe waren gleich schnell.

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Doch damit war noch nicht völlig geklärt, ob etwas, was bewusst nicht gesehen wird, überhaupt keinen Einfluss auf die nachfolgende Verarbeitung eines bewusst erlebten Reizes hat. Daher führten Mattingley und seine Kollegen ein drittes Experiment durch. Jetzt wurde der Farb-Fleck durch ein weiteres Graphem ersetzt. Den Versuchspersonen präsentierten die Forscher nun einen Kleinbuchstaben in einer visuellen Maske und in einem sehr kurzen Moment unterhalb der Wahrnehmungsschwelle. Danach folgte zur bewussten Wahrnehmung ein Großbuchstabe. Hierbei zeigte sich, dass es nicht egal war, ob die beiden Buchstaben die gleiche Bedeutung hatten oder nicht: Ein großes „A“ nach einem kurz und verschwommen gezeigten kleinen „a“ wurde von allen Versuchspersonen – auch den Probanden aus der Kontrollgruppe – deutlich schneller erkannt als ein großes „A“ nach einem kurz und verschwommen gezeigten kleinen „b“.

Das Resultat des dritten Experiments belegt, dass das Gehirn Bedeutung und Ding schon zusammen speichert, bevor wir es bewusst merken. Anders dagegen verhält es sich mit Merkmalen wie Farbe und Gestalt. Diese kommen erst im bewussten Zustand zusammen. So früh im Leben die Synästhesisten die Verschmelzung von Farbe und Gestalt bei zum Beispiel Zahlen oder Buchstaben auch erleben mögen – ohne ein Minimum an bewusster Wahrnehmung kommt die Synästhesie nicht zustande.

Doris Marszk
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