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Wie die Augen den Ohren Beine machen

Erde|Umwelt Gesellschaft|Psychologie

Wie die Augen den Ohren Beine machen
Menschen erfassen gesprochene Sprache schneller, wenn sie den Mund des Sprechers sehen: Die sichtbaren Mundbewegungen bereiten das Gehirn des Zuhörers auf die kommenden Töne vor und beschleunigen so die Verarbeitung des akustischen Signals. Das haben amerikanische Forscher entdeckt, als sie bei zwanzig Freiwilligen die Gehirnströme während eines Sprachtests bestimmten. Je eindeutiger die Mundbewegung des Sprechers dabei waren, desto ausgeprägter war die Beschleunigung der Sprachwahrnehmung. Virginie van Wassenhove von der Universität von Maryland in College Park und ihre Kollegen beschreiben ihre Untersuchung in der Fachzeitschrift PNAS (Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1073/pnas.0408949102).

Die Wissenschaftler zeigten ihren Probanden Videoaufnahmen, in denen ein Frauengesicht die Silben „pa“, „ta“ und „ka“ artikulierte. In verschiedenen Testreihen sahen die Teilnehmer entweder nur die Mundbewegung, hörten nur eine gesprochene Silbe oder bekamen beide Reize gleichzeitig präsentiert. Während dieser Tests maßen die Forscher mithilfe von 32 Elektroden die Gehirnströme der Probanden.

Die Mundbewegungen alleine ohne den Ton gaben den Probanden zwar Hinweise auf die gesprochene Silbe, waren aber nicht ganz eindeutig. Besonders die Silbe „ka“ wurde nur in 65 Prozent der Tests erkannt, berichten die Forscher. Der Ton alleine war dagegen eindeutig und erzeugte ein ganz bestimmtes Signal im Elektroenzephalogramm. Interessant war jedoch die Bild-Ton-Kombination: Wurden Lippenbewegung und Ton zusammen präsentiert, verkürzte sich die Reaktionszeit des Gehirns auf den Ton und das entsprechende EEG-Signal erfolgte früher. Dieser Effekt war bei der Silbe „pa“, die von praktisch allen Probanden eindeutig erkannt wurde, ausgeprägter als beim „ka“, das nicht so eindeutige visuelle Hinweise lieferte.

Das Gehirn analysiert demnach Sprache, indem es eine Vielzahl von Sinnesreizen zusammenfügt, schreiben die Forscher. Der visuelle Reiz ? in diesem Fall die Lippenbewegungen ? scheint dabei die Anzahl an möglichen Interpretationen des akustischen Reizes einzuschränken und dem Gehirn nur noch eine begrenzte Auswahl an Verarbeitungsmöglichkeiten offen zu halten. Wahrscheinlich existieren im Gehirn grobe Skizzen verschiedener Wahrnehmungssysteme, schließen die Forscher aus den Daten. Die visuellen Hinweise zeigen dem Gehirn, welcher dieser Entwürfe hervorgeholt und verwendet werden soll, so dass ein langes Suchen nicht mehr erforderlich ist.

ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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