Wer sich das vergangene Mittagessen ins Gedächtnis ruft, hat weniger Lust auf einen Snack. Das hat eine Untersuchung der Psychologin Suzanne Higgs an der Universität in Birmingham ergeben. Higgs und ihre Kollegen untersuchten dazu das Essverhalten von Frauen nach einer Mahlzeit. Dafür präsentierten sie den Probandinnen Kekse, kurz nachdem alle Teilnehmerinnen ein Mittagessen erhalten hatten. Lag das Mittagessen eine Stunde zurück, stellten die Forscher nur geringe Unterschiede im Essverhalten fest. Gab es die Kekse dagegen drei Stunden später, beobachteten die Wissenschaftler einen deutlich reduzierten Appetit bei den Frauen, die sich das Mittagessen vorher noch einmal ins Gedächtnis gerufen hatten.
Für die Studie durften die 47 weiblichen Probanden so viele Kekse essen, wie sie wollten. Vor dem Keksgelage sollten sie allerdings einen Bericht über ein vergangenes Erlebnis schreiben: Eine Gruppe wurde aufgefordert, ihre Anreise zur Universität zu schildern, während die Frauen in der zweiten Gruppe über das Mittagessen berichten sollten, das alle Teilnehmerinnen kurz zuvor erhalten hatten. Die Erinnerung an das Mittagessen schien das Hungergefühl der Teilnehmerinnen dabei zu dämpfen, berichten die Forscher.
Dieses Ergebnis widerspricht anderen Untersuchungen, denen zufolge der Gedanke an Essen das Hungergefühl sogar vergrößern kann, schildert Higgs. Sie vermutet, dass der Unterschied in den Details liegt: Während der generelle Gedanke ans Essen den Appetit anregt, kann die Erinnerung an eine bestimmte Mahlzeit den gegenteiligen Effekt hervorrufen.
Verantwortlich dafür könnte die Verarbeitung der Erinnerungen im Gehirn sein, schreiben Higgs und ihre Kollegen. Demnach regt das aktive Erinnern den Hippocampus an, eine Gehirnregion, die eine wichtige Rolle bei der Entscheidungsfindung spielt. Je präsenter die Erinnerung an eine Mahlzeit ist, desto mehr Einfluss könnte das auf die Entscheidung haben, ob sich ein Hungergefühl meldet oder nicht, vermutet die Psychologin.
New Scientist, Band 198, S. 13 Originalarbeit der Forscher: Suzanne Higgs (Universität Birmingham) et al.: Physiology & Behavior, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1016/j.physbeh.2008.02.011 ddp/wissenschaft.de ? Markus Zens