Amerikanische Wissenschaftler haben entdeckt, warum es keine Rieseninsekten gibt: Schuld ist ein potenzieller Sauerstoffmangel in den Insektenbeinen, denn die Atmungsorgane der Tiere, die so genannten Tracheen, können die Gliedmaßen nur bis zu einer Größe von rund 15 Zentimetern ausreichend mit Sauerstoff versorgen. Das haben die Forscher mithilfe von Röntgenaufnahmen bei Käfern herausgefunden. Die Studie unterstützt die Theorie, dass die vor rund 300 Millionen Jahren lebenden Rieseninsekten ihre Existenz der höheren Sauerstoffkonzentration in der Atmosphäre verdankten.
Insekten atmen nicht über eine Lunge, sondern besitzen ein Netz von feinen Luftröhrchen, den
Tracheen, die alle Körperteile mit Sauerstoff versorgen. Der Luftaustausch erfolgt dabei durch kleine Öffnungen an der Körperoberfläche der Insekten. Je größer ein Insekt ist, desto länger und breiter sind auch die Tracheen, um das Gewebe ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen, erklären die Forscher. Die Röntgenaufnahmen von 3 Millimeter bis 3,5 Zentimeter großen Käferarten zeigten jedoch, dass das Tracheensystem von größeren Käfern unverhältnismäßig größer ist als das von kleinen Käfern. Die großen Käfer benötigen rund zwanzig Prozent mehr Tracheenvolumen bezogen auf ihre Größe, um den Sauerstoffbedarf ihrer Körper zu decken, beobachteten die Forscher.
Die Ausmaße von Tracheen stoßen allerdings an eine natürliche Grenze, zeigten die Untersuchungen, und zwar an der Stelle, wo das Insektenbein in den Körper übergeht. Da die Größe dieser Verbindung begrenzt ist, kann auch der Durchmesser der Trachee, die das Bein mit Sauerstoff versorgt, nur eine bestimmte Größe erreichen, erklären die Forscher. Davon abhängig errechneten sie die maximale Größe eines Käfers auf rund 15 Zentimeter. Das ist genau die Länge des größten Käfers der Erde, des Riesenbockkäfers aus den tropischen Regenwäldern Südamerikas, der eine Länge von 15 bis 17 Zentimetern erreicht.
Es gab allerdings einst sehr viel größere Insekten auf der Erde, was Versteinerungen aus der Zeit vor rund 300 Millionen Jahren zeigen. Libellen erreichten damals beispielsweise eine Flügelspannweite von über siebzig Zentimetern, sagen die Forscher. Doch damals befanden sich in der Erdatmosphäre etwa 35 Prozent Sauerstoff ? im Gegensatz zu den heutigen 21 Prozent. Mit dieser höheren Sauerstoffkonzentration konnte das Tracheensystem auch die Beine dieser Rieseninsekten ausreichend versorgen, schließen die Forscher aus ihren Ergebnissen.
Alexander Kaiser (Midwestern University, Glendale) et al.: Beitrag auf der Konferenz Comparative Physiology der amerikanischen Gesellschaft für Physiologie ddp/wissenschaft.de ?
Martin Vieweg