Die Erinnerung an wichtige Ereignisse im Leben ? beispielsweise der erste Kuss ? verändert sich im Alter: Jüngere Erwachsene erinnern sich meist in allen Details und Farben, während Senioren das Ereignis eher in einen größeren Zusammenhang einordnen. Das berichten kanadische Psychologen im Magazin „Psychology and Aging“ (Dezemberausgabe).
Die Forscher um Brian Levine von der Universität Toronto befragten fünfzehn jüngere und ältere Erwachsene nach Schlüsselerlebnissen in ihrem Leben. Dabei zeigte sich, dass die Erinnerung an konkrete Umstände mit dem Alter zwar verblassen, doch zeugt die Sprache, in der die Erinnerungen wiedergegeben werden, von einer größeren Weitsicht.
Über die Ursachen können die Psychologen vorläufig nur spekulieren. So ist denkbar, dass das Stirnhirn, in dem Erinnerungen verarbeitet werden, bei älteren Menschen anders funktioniert. Levin hält darüber hinaus für möglich, dass das veränderte Gedächtnis eine Anpassung an die Rolle älterer Menschen in der Gesellschaft ist: Für junge Erwachsene in der Urgesellschaft war ein lebendiges Gedächtnis ? etwa bei der Jagd ? sicher hilfreich. Ältere Menschen waren dagegen verstärkt als Führungspersonen gefordert. Dabei sind nicht detailgenaue Erinnerungen gefragt, sondern eher eine Verarbeitung von Erfahrungen auf möglichst hohem Niveau.
ddp/bdw – Andreas Wawrzinek