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Wildtiere erobern die Großstadt

Erde|Umwelt

Wildtiere erobern die Großstadt
Fuchs
Fuchs in einem Berliner Garten. (Bild: Leibniz-IZW)

Wie kommen Füchse, Marder und Waschbären in der Großstadt klar? Wie passen sie ihr Verhalten an die dichte Präsenz von Menschen und auch ihren Haustieren an? Das hat ein Citizen-Science-Projekt in Berlin untersucht. Dabei konnten die Wissenschaftler auch beobachten, wie sich die Lockdowns auf das Verhalten der Wildtiere ausgewirkt haben. Gleichzeitig erhielten sie Einblick drin, wie die räuberischen Wild- und Haustiere in der Stadt untereinander interagieren.

Meiden oder konkurrieren, fressen oder gefressen werden, ausbeuten oder zusammenarbeiten – Tier- und Pflanzenartengemeinschaften werden durch vielfältige Interaktionen ihrer Arten geprägt. In Städten werden diese Spielregeln für das Zusammenleben zudem fundamental von der Anwesenheit der Menschen und seiner Haustiere beeinflusst.

Fotofallen in Berliner Gärten

Wie Marder, Rotfüchse und Waschbären in einer Großstadt wie Berlin mit dem Menschen und seinen Bauten klarkommen, wie oft sie dort zu sehen sind und wie diese Wildtiere mit den frei umherlaufenden Hauskatzen interagieren, haben Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) in den letzten Jahren mit einem Citizen-Science-Projekt untersucht. Gartenbesitzer in ganz Berlin stellten dafür in ihrem Garten eine Wildtierkamera auf, die Tiersichtungen aufzeichnete, sobald ihr Bewegungssensor eine Bewegung wahrnahm.

„Wir Menschen üben starke Selektionsdrücke auf Wildtierarten aus und verändern dadurch ihr Verhalten und ihre Lebensweise”, erklärt Stephanie Kramer-Schadt vom Leibniz-IZW. Die in den fünf Feldphasen erstellten gut 10.000 Fotos aus Berliner Gärten sollten dabei helfen, diese Einflüsse näher zu erforschen. Das Team wählte Privatgärten als Untersuchungsgebiete, weil diese mit Kompost, Gemüsebeeten, Obstbäumen oder Haustierfutter eine wichtige Nahrungsquelle für Wildtiere darstellen. Zugleich sind sie Orte, an denen es mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu einer unerwünschten Begegnung mit Menschen oder Haustieren kommen kann.

Unvorhergesehen, aber durchaus willkommen war dem Forschungsteam dabei eine Besonderheit ab dem Frühjahr 2020: die Corona-Pandemie und die mit ihr verbundenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens für die menschlichen Stadtbewohner. “Die Lockdowns waren ein Glück im Unglück für die Forschung, denn sie boten uns die Gelegenheit zu untersuchen, wie sich unsere wilden Nachbarn verhalten, wenn der Mensch plötzlich aus dem städtischen Raum verschwindet”, sagt Kramer-Schadt.

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Wildtiere im zeitlichen Versatz

Die Auswertungen ergaben: Während der Lockdowns zeigten sich Veränderungen im Verhalten der Wildtiere: Die Anwesenheit von Füchsen, Mardern und Waschbären in Gärten nahm während der Ausgangssperren insgesamt zu, was wahrscheinlich auf die allgemein geringere Aktivität von Menschen im städtischen Raum zurückzuführen ist. Weil aber mehr Menschen auch tagsüber ihre Gärten nutzten, wichen die Wildtiere stärker als zuvor auf die Nacht aus.

Unabhängig von den Lockdowns tolerierten alle untersuchten Wildtierarten zwar bis zu einem gewissen Grad die Anwesenheit von Menschen, vermieden aber echte Begegnungen mit ihnen. Fuchs, Marder und Waschbär konzentrierten ihre Aktivität in den Gärten daher auch außerhalb der Lockdowns meist auf die Nacht und damit auf die Zeit, in der Menschen am wenigsten aktiv sind. Gleichzeitig gab es auch klare Anzeichen für ein Meidungsverhalten zwischen den verschiedenen Wildtierarten: Zwar folgte die Häufigkeit und Präsenz der drei Wildtierarten einem ähnlichen räumlichen Muster. Zeitlich jedoch stellten die Wissenschaftler einen systematischen Versatz fest:  Die Arten gingen sich gegenseitig aus dem Weg und nutzten die gleichen Gebiete zeitlich getrennt.

Eine Ausnahme bildeten die Hauskatzen: Sie zeigten kein zeitliches Vermeidungsmuster gegenüber den anderen Arten. Nach Ansicht der Wissenschaftler deutet auf eine Hierarchie der Tierarten hin. Das eng mit dem Menschen verbundene Haustier Katze ist dabei offenbar die dominante Art – obwohl sie körperlich den Wildtieren eher unterlegen ist. Wie die Forscher erklären, spielt der Mensch in der Stadt die Rolle einer „Super-Schlüsselart“ und seine Haustiere üben eine Dominanz auf die lokale Tierwelt aus – selbst auf Arten, die relativ gut mit menschlicher Präsenz zurechtkommen. „Unsere Untersuchung gewährt neue Einblicke in die Regeln, die den Interaktionen in einer Gemeinschaft mittelgroßer Beutegreifer in einer städtischen Umgebung zugrunde liegen“, sagt Erstautorin Julie Louvrier vom Leibniz-IZW.

Quelle: Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V.; Fachartikel: Journal of Animal Ecology, doi: 10.1111/1365-2656.13635

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