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Wind-Surfen einmal anders

Erde|Umwelt

Wind-Surfen einmal anders
Pilze nutzen aerodynamische Tricks, um ihre Fortpflanzung zu optimieren: Sie stoßen Tausende von Sporen gleichzeitig aus und erzeugen so eine Luftströmung, auf der die einzelnen Sporen surfen können. Das haben US-Forscher entdeckt, als sie den Pflanzenschädling Sclerotinia sclerotiorum untersuchten, der vor allem Raps befällt. Der Aufwand lohnt sich: Mit dem hausgemachten Wind können die Sporen Strecken zurücklegen, die mehr als zwanzigmal so lang sind wie ohne die Luftströmung. So lassen sich auch Wirtspflanzen erobern, die sonst außerhalb der eigenen Reichweite liegen würden.

Sclerotinia sclerotiorum hat ein Problem: Sein Fruchtkörper liegt häufig auf dem Boden, die von ihm bevorzugten Wirtspflanzen ragen jedoch beträchtlich in die Höhe. Damit seine Sporen sich trotzdem in den Blättern dieser Pflanzen festsetzen können, muss er ihnen eine Art Starthilfe mitgeben. Täte er das nämlich nicht, könnten die jeweils etwa 10 Mikrometer (Tausendstel Millimeter) großen Sporen lediglich drei Millimeter weit fliegen – selbst dann, wenn sie mit über 30 Kilometern pro Stunde aus dem Fruchtkörper ausgestoßen werden. Danach wäre der Luftwiderstand so groß, dass er die Sporen auf null herunterbremsen würde, haben die Forscher berechnet.

Wie der Pilz dieses Problem umgeht, entdeckten die Wissenschaftler um Marcus Roper von der University of California in Berkeley mit Hilfe von hochauflösenden Videofilmen und mathematischen Modellen, die eigentlich für die Berechnung von Wolkenbildung verwendet werden. Der Trick: Der Pilz stößt Tausende von Sporen innerhalb weniger Sekundenbruchteile aus. Das hat zwei Effekte. Zum einen reduziert sich dadurch der Luftwiderstand erheblich. Das Prinzip könne man mit dem Fahren im Hauptfeld bei der Tour de France vergleichen – nur dass der Pilz sehr viel effektiver arbeitet, erläutert Studienleiter Marcus Roper. So ist der Luftwiderstand im Hauptfeld der Fahrradfahrer um etwa vierzig Prozent reduziert, während er im Hauptfeld der Sporen praktisch nicht mehr vorhanden ist.

Zum anderen setzen die ersten ausgestoßenen Sporen die sie umgebende Luftschicht in Bewegung, allerdings um den Preis, dass sie selbst nicht weit kommen. Sie erzeugen damit jedoch eine Strömung, von der sich die folgenden Sporen tragen lassen können. Auf diese Weise schaffen sie statt drei Millimetern bis zu zehn Zentimeter, beobachteten die Forscher.

Ihre Erkenntnisse sind dabei nicht nur von akademischen Interessen. Da Sclerotinia jedes Jahr einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden unter verschiedenen Nutzpflanzen anrichtet, sei es immens wichtig, seine Fortpflanzungs- und Verbreitungstaktik besser zu verstehen, betonen Roper und seine Kollegen. Nur dann könne man schließlich effektive Gegenmaßnahmen entwickeln.

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Marcus Roper (University of California, Berkeley) et al.: PNAS, Onlinevorabveröffentlichung, doi: 10.1073/pnas.1003577107 dapd/wissenschaft.de – Ilka Lehnen-Bleyel
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