Wie der Pilz dieses Problem umgeht, entdeckten die Wissenschaftler um Marcus Roper von der University of California in Berkeley mit Hilfe von hochauflösenden Videofilmen und mathematischen Modellen, die eigentlich für die Berechnung von Wolkenbildung verwendet werden. Der Trick: Der Pilz stößt Tausende von Sporen innerhalb weniger Sekundenbruchteile aus. Das hat zwei Effekte. Zum einen reduziert sich dadurch der Luftwiderstand erheblich. Das Prinzip könne man mit dem Fahren im Hauptfeld bei der Tour de France vergleichen – nur dass der Pilz sehr viel effektiver arbeitet, erläutert Studienleiter Marcus Roper. So ist der Luftwiderstand im Hauptfeld der Fahrradfahrer um etwa vierzig Prozent reduziert, während er im Hauptfeld der Sporen praktisch nicht mehr vorhanden ist.
Zum anderen setzen die ersten ausgestoßenen Sporen die sie umgebende Luftschicht in Bewegung, allerdings um den Preis, dass sie selbst nicht weit kommen. Sie erzeugen damit jedoch eine Strömung, von der sich die folgenden Sporen tragen lassen können. Auf diese Weise schaffen sie statt drei Millimetern bis zu zehn Zentimeter, beobachteten die Forscher.
Ihre Erkenntnisse sind dabei nicht nur von akademischen Interessen. Da Sclerotinia jedes Jahr einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden unter verschiedenen Nutzpflanzen anrichtet, sei es immens wichtig, seine Fortpflanzungs- und Verbreitungstaktik besser zu verstehen, betonen Roper und seine Kollegen. Nur dann könne man schließlich effektive Gegenmaßnahmen entwickeln.