Xenoturbella interessiert die Evolutionsforscher vor allem deswegen, weil es zusammen mit den Chordatieren, den Stachelhäutern und den Kiemenlochtieren zu den so genannten Neumündern gehört. Bei dieser Tiergruppe geht der Mund während der embryonalen Entwicklung nicht aus dem „Urmund“ hervor, der ersten Außenöffnung während eines frühen embryonalen Lebensstadiums, sondern bildet sich neu. Es wird angenommen, dass alle Neumünder einen gemeinsamen Vorfahren haben.
Die britische Forscherin Sarah Bourlat und ihre Kollegen führten nun eine umfassende Analyse des Erbmaterials verschiedener Neumünder durch, um die genauen Verwandtschaftsverhältnisse zu klären. Dabei stellten sie fest, dass Xenoturbella einem eigenen Stamm zuzuordnen ist. Der Wurm ist näher mit den Stachelhäutern und den Kiemenlochtieren verwandt als mit den Chordatieren.
Die Forscher schließen aus ihrer Analyse auch, dass der gemeinsame Vorfahr der vier Stämme so ähnlich ausgesehen haben muss wie Xenoturbella: Der Urahn von Menschen und Seesternen besaß demnach kein Gehirn, sondern lediglich ein diffuses Nervensystem an der Körperoberfläche. Xenoturbella gehört zu den einfachsten bekannten Tieren und hat keine inneren Organe, weder Darm noch Fortpflanzungsorgane. Wie sich das Tier vermehrt, ist rätselhaft.
Da sowohl die Neumünder als auch eine zweite große Tiergruppe, die Urmünder (unter anderem Weichtiere, Ringelwürmer und Gliederfüßer) ein Gehirn entwickelt haben, schließen die Forscher um Bourlat, dass die Evolution das Denkorgan gleich zweimal erfunden haben muss.