Ein internationales Forscherteam hat erstmals eine Karte der Großhirnrinde im Gehirn in sehr hoher Auflösung aufgenommen. Dargestellt ist darin die Verschaltung der Nervenfasern in diesem Teil des Gehirns, das für höhere Funktionen des Denkorgans verantwortlich ist. Die Wissenschaftler um Patric Hagmann von der Universität in Lausanne (Schweiz) und seine Kollegen stießen bei ihrer Analyse auf eine Art zentrale Schaltstelle in der Großhirnrinde, in der Signale der beiden Hirnhälften miteinander verknüpft werden.
Neues Wissen über die Strukturen des Gehirns gewinnen Forscher bisher vor allem aus Untersuchungen der Hirnaktivität mit der sogenannten
funktionellen Magnetresonanztomographie, bei der sich die Aktivität einzelner Hirnareale anhand der Stoffwechselrate erfassen lässt. Dieses Verfahren haben die Wissenschaftler um Hagmann nun so verfeinert, dass sich damit auch die Ausrichtung einzelner
Nervenfasern erkennen lässt. Mit Hilfe einer Computeranalyse konnten die Forscher so eine hoch aufgelöste Karte der Nervenfasern und ihrer Verschaltung in der Großhirnrinde anfertigen.
Im Zentrum der Großhirnrinde stießen die Forscher auf einen Bereich, der wohl eine wesentliche Rolle bei der zentralen Steuerung von Denkprozessen spielt. Die Wissenschaftler vermuten, dass in diesem Kern Informationen aus verschiedenen Regionen der beiden Gehirnhälften zusammenlaufen. Dies zentrale Aufgabe erkläre, warum dieser Bereich des Gehirns in früheren Studien selbst im Zustand der Ruhe, wenn die Hirnaktivität auf ein Minimum heruntergefahren ist, noch hohe Stoffwechselraten zeigte, erläutert Olaf Sporns von der Universität von Indiana in Bloomington, einer der beteiligten Wissenschaftler.
Die Analysen beruhten auf der Untersuchung von insgesamt fünf Freiwilligen, bei denen die Forscher merkliche Unterschiede in der Verschaltung der Nervenfasern beobachteten. Entsprechend unterschiedlich fielen auch die Reaktionsmuster des Gehirns auf äußere Reize aus. Die Wissenschaftler hoffen, mit dem Verfahren die Strukturen des Gehirns in immer höherer Auflösung aufdecken zu können und damit mehr über die Arbeitsweise und Entwicklung des Denkorgans herauszufinden.
Patric Hagmann (Universität in Lausanne) et al.: PLoS Biology, Bd. 6, e159 ddp/wissenschaft.de ? Ulrich Dewald