Mexikanische Ureinwohner haben schon vor mehr als 4.500 Jahren Sonnenblumen angebaut. Das schließen mexikanische und amerikanische Wissenschaftler anhand der Auswertung archäologischer und linguistischer Daten. Die Forscher um David Lentz von der Universität in Cincinnati widersprechen damit Theorien, die den Ursprung von domestizierten Sonnenblumen im östlichen Teil Nordamerikas sehen. Stattdessen sei die gezielte Züchtung von Sonnenblumen wohl unabhängig voneinander in beiden Regionen entstanden, vermuten die Forscher. Nach ihrer Domestikation wurden die Blumen dabei unterschiedlich genutzt: Während sie den nordamerikanischen Indianern lange Zeit als wichtige Nahrungsquelle dienten, schätzten die im heutigen Mexiko beheimateten Azteken die Sonnenblume eher als Zierpflanze.
Mittelamerika gilt als das Ursprungsgebiet vieler Nutzpflanzen: Kürbispflanzen wurde dort beispielsweise schon vor rund 10.000 Jahren erstmals domestiziert, schreiben die Forscher. Auch die Zuchtformen von Mais, Bohne und Chili, die ebenfalls auf eine mehrere tausend Jahre alte Geschichte zurückblicken, stammen aus dieser Region. Als frühes Anbaugebiet für Sonnenblumen war das heutige Mexiko dagegen bislang nicht bekannt, schreiben Lentz und seine Kollegen weiter.
Mit einer Analyse verschiedener Quellen versuchen die Wissenschaftler diese Ansicht zu widerlegen. Dazu untersuchten sie unter anderem die lokalen Namen der Sonnenblume unter den Nachkommen verschiedener Indianerstämme und stellten deutliche Bezüge zur prä-kolumbianischen Zeit fest. Auch archäologische Funde, die besonders große Samenkörner von Sonnenblumen zutage förderten, weisen auf eine gezielte Züchtung der Pflanzen hin, erklären die Forscher.
Untersuchungen anderer Forscher verorteten den Erstanbau von Sonnenblumen mithilfe molekulargenetischer Analysen in Nordamerika. Lentz und seine Kollegen halten diese Arbeiten aber nur für bedingt aussagekräftig, da hier mexikanische Sorten nicht berücksichtigt worden seien. Daher könne keine Aussage über die Entwicklung des Sonnenblumen-Anbaus gemacht werden. Dieser sei in Nord- und Mittelamerika unterschiedlich verlaufen, erklären die Forscher: Während nordamerikanische Indianer auf die Sonnenblume als Fettlieferant angewiesen waren, konnten ihre mittelamerikanischen Verwandten auf eine Vielzahl anderer ölhaltiger Pflanzen zurückgreifen. Daher sei die Sonnenblume eher für rituelle Zwecke und als Zierpflanze genutzt worden.
David Lentz (Universität in Cincinnati) et al.: PNAS, Bd. 105, S. 6232 ddp/wissenschaft.de ? Markus Zens