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Wozu Wale ihre Darmflora brauchen

Erde|Umwelt

Wozu Wale ihre Darmflora brauchen
Grönlandwal
Ein Grönlandwal vor Point Barrow in Alaska (Bild: Kate Stafford/ University of Washington)

Viele Walarten ernähren sich vorwiegend von Krill und anderen kleinen Meereskrebschen. Doch gerade diese Beute besteht zu einem großen Teil aus schwer verdaulichen Wachsestern. Wie die Wale es schaffen, diese Fette dennoch aufzuschließen und zu verdauen, haben nun Forscher erstmals bei Grönlandwalen ermittelt. Demnach sind es bestimmte Bakterien im Dünndarm der Wale, die ihnen die Fähigkeit zur Wachsester-Verdauung verleihen.

Als größte Tiere im Ozean spielen Wale eine wichtige Rolle für die Nahrungsnetze und Ökologie der Meere. Denn sie nehmen Tonnen von Krebsen, Fischen und anderer Beute auf und machen über ihren Kot viele Nährstoffe für andere Organismen zugänglich. Der Walkot versorgt beispielsweise die Algen in den oberen Wasserschichten mit Eisen und Stickstoff. „Trotz dieser großen Bedeutung für die Ozeane ist die Walverdauung aber kaum verstanden“, erklären Carolyn Miller von der Woods Hole Oceanographic Institution (WHOI) und ihre Kollegen.

Grönlandwalen in den Darm geschaut

Eine der offenen Frage dazu betrifft die Verdauung der Wachsester – einer schwer verdaulichen Fettvariante, die vor allem in den marinen Kleinkrebsen vorkommt. „Wir haben festgestellt, dass mehr als 80 Prozent der Fette, die Grönlandwale aufnehmen, aus Wachsestern bestehen“, sagt Miller. Während unser Darm diese Fette jedoch nicht aufschließen kann, scheint der Verdauungstrakt der Wale dies zu können – aber wie? Das haben die Forscher nun erstmals am Beispiel der Grönlandwale näher untersucht. Für ihre Studie nutzten sie die Tatsache, dass die Inuit in Alaska eine gewisse Quote dieser Meeressäuger legal jagen dürfen.

Bei 38 solcher Fänge konnten die Forscher dabei sein und Proben aus neun verschiedenen Stellen des Verdauungstrakts der Wale entnehmen. Im Labor analysierten Miller und ihr Team zum einen die Zusammensetzung des Nahrungsbreis auf den Gehalt an Wachsestern hin – so wollten sie herausfinden, wo im Verdauungstrakt die Zersetzung dieser Fette stattfindet. Zum anderen untersuchten sie auch, welche und wie viele Bakterien sich in den verschiedenen Abschnitten des Walmagens und -darms tummelten. Denn die Forscher vermuteten, dass diese Darmflora ähnlich wie bei uns Menschen eine entscheidende Rolle für die Verdauung spielt.

Darmflora des hinteren Dünndarms ist entscheidend

Die Analysen enthüllten: Der entscheidende Ort des Wachsesterabbaus ist offenbar der mittlere bis hintere Dünndarm der Wale. Während der Fettanteil des Nahrungsbreis im Magen und in den vorderen Darmabschnitten noch zu 51 bis 99 Prozent aus Wachsestern bestand, sank deren Anteil im hinteren Dünndarm rapide. Im Dickdarm kamen dadurch nur noch 30 Prozent Wachsester an – der Rest war verdaut worden, wie die Forscher berichten. Die Grönlandwale und wahrscheinlich auch andere Bartenwale sind demnach sehr effektiv darin, diese schwer verdaulichen Fette zu zerlegen. „Das ist eine wichtige Erkenntnis, weil die Wale so enorme Mengen von Wachsester-reicher Beute vertilgen“, sagt Miller.

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Doch wie genau gelingt den Walen die Wachsester-Verdauung? Aufschluss darauf gaben die Analysen des Mikrobioms im Darm der Tiere. Sie zeigten, dass vor allem zwei Bakteriengruppen im Darm – die Gattungen Actinobacillus und Cetobacterium – eng mit dem Abbau der Wachsester verknüpft sind. Sie kamen in den Darmabschnitten am häufigsten vor, in denen die Zersetzung der Wachsester stattfand, wie die Forscher berichten. „Unsere Studie spricht dafür, dass die Darmbakterien bei den Walen eine ähnlich wichtige Rolle spielen wie bei uns“, sagt Millers Kollegin Amy Apprill. „Wahrscheinlich sind es erst diese Bakterien, die den Walen dabei helfen, diese Fettverbindungen zu zerlegen. Diese Erkenntnis liefert uns einen einzigartigen Einblick in einen zuvor verborgenen Teil des marinen Nahrungsnetzes.“

Quelle: Woods Hole Oceanographic Institution (WHOI); Fachartikel: Journal of the International Society for Microbial Ecology, doi: 10.1038/s41396-019-0549-y

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