Der Dieselskandal hat nur wenig geändert: Nach wie vor stoßen Dieselfahrzeuge mehr Stickstoffdioxid (NO2) aus als sie eigentlich dürften. Erst kürzlich wurde bekannt, dass einige Autos bei kalten Temperaturen ihre Abgasreinigung komplett abschalten. Als Folge überschreiten sie im Winter den NO2-Grenzwert und das bis zu 13-Fache.
Die Folgen sind erheblich: Stickoxide können Asthma und Herzkreislauferkrankungen fördern. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO lassen schon langfristig um zehn Mikrogramm erhöhte NO2 Werte die Zahl vorzeitiger Todesfälle um bis zu acht Prozent steigen. Die Europäische Umweltagentur schätzte unlängst, dass allein in Deutschland mehr als 10.000 vorzeitige Todesfälle auf das Konto erhöhter Stickoxidwerte gehen.
Grenzwerte bei mehr als der Hälfte der Messstationen überschritten
Ungeachtet dieser bekannten Gesundheitsfolgen hat sich die Stickoxid-Belastung in den deutschen Städten offenbar kaum gebessert, wie die jetzt vom Umweltbundesamt (UBA) veröffentlichte Luftverschmutzungs-Bilanz für 2016 zeigt. Den Messdaten nach ist die Luft in deutschen Städten noch immer zu stark mit Stickstoffdioxid (NO2) belastet. An gut 57 Prozent der verkehrsnahen Messstationen wurde der Stickoxid-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel überschritten, so das UBA.
Die höchsten Überschreitungen der Stickstoffdioxid-Grenzwerte gab es dem Bericht nach in Stuttgart: An der Messstation Am Neckartor lag der Jahresmittelwert bei 82 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft – das ist mehr als doppelt so hoch wie der Grenzwert. Zudem überschritten die Stundenwerte 35 Mal den Höchstwert von 200 Mikrogramm pro Kubikmeter. Aber auch in Messstationen in Berlin, Hamburg, Darmstadt, Frankfurt, Köln, Mainz und Kiel gab es Überschreitungen des zulässigen Jahresmittelwerts.
Fahrverbote als Mittel der Wahl
Die Ursache für die zu hohe Stickoxidbelastung scheint klar: „Schuld sind in den Städten vor allem alte Diesel-Autos“, sagt UBA-Präsidentin Maria Krautzberger. Schon länger fordern Umweltorganisationen Fahrverbote, wenn Grenzwerte in den Stadtzentren nicht eingehalten werden. Ähnlich sieht es auch die UBA-Präsidentin: „Es kann aus Sicht des Gesundheitsschutzes nicht akzeptiert werden, dass die Kommunen keine Handhabe haben, um beispielsweise Dieselautos mit hohem Ausstoß aus den belasteten Innenstädten auszuschließen“, so Krautzberger.
Diesel-Autos stoßen das meiste NO2 aus (Grafik: Umweltbundesamt)
Ein Mittel dazu wären Umweltzonen auf Basis einer blauen Plakette. Diese würden nur Autos erhalten, die wenig Stickoxid ausstoßen, möglicherweise könnten sogar kurzfristig alle Dieselautos ausgeschlossen werden. In anderen europäischen Ländern gibt es solche Maßnahmen bereits: In der Oslo und der schweizerischen Stadt Tessin erließen die Behörden wegen hohen NO2-Werten kurzfristig Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge und gaben währenddessen Busse und Bahnen zur kostenlosen Nutzung frei.
Klima half bei Feinstaub und Ozon
Zumindest teilweise gute Nachrichten gibt es dagegen bei Feinstaub und bodennahem Ozon: Die Werte beider Luftschadstoffe lagen im letzten Jahr deutlich niedriger als noch zuvor. Allerdings wurden auch hier bei knapp einem Viertel der Messstationen die Grenzwerte überschritten. Grund zur Entwarnung sind diese Ergebnisse ohnehin nicht, wie das UBA betont. Denn einen Großteil dieser Reduktionen verdanken wir einem günstigen Klima. So war der Sommer 2016 eher wechselhaft und es traten keine lang anhaltenden Schönwetterperioden auf, die die Ozonbildung hätten begünstigen können.
Nach Ansicht der UBA-Präsidentin gibt es daher auch hier Handlungsbedarf: „Nur wenn wir unsere Stickoxidemissionen in den Griff bekommen, können wir erhöhte Ozonbelastungen auch bei fortschreitendem Klimawandel vermeiden“, so Krautzberger. Stickoxide gehören zu den Vorläuferstoffen des bodennahen Ozons. Beim Feinstaub seien ebenfalls Maßnahmen nötig. So müsse die direkte Freisetzung von Feinstaub aus privaten Holzfeuerungen reduziert werden. Aber auch die Freisetzung von Feinstaub-Vorläufer-Substanzen aus der Landwirtschaft.
Quelle: Umweltbundesamt