Dazu stellten sie einige Meter vor den Pferden einen Lautsprecher auf, rechts und links davon standen jeweils der Besitzer des Tieres und eine unbekannte Person. 15 Sekunden lang hörten die 32 Vierbeiner dann die beiden menschlichen Stimmen. Um zu prüfen, ob die Pferde die Stimme richtig zuordnen konnten, zeichneten die Forscherinnen auf, wie schnell, wie oft und wie lange insgesamt die Tiere zu der Person schauten, deren Stimme sie hörten.
Ergebnis: Die Pferde schenkten der Person, die sie sprechen hörten, deutlich mehr Aufmerksamkeit. Dabei gab es kaum einen Unterschied zwischen Besitzer und unbekannter Person. Nur wenn der Besitzer auf der rechten Seite stand, schauten die Pferde jeweils länger zu ihm als zu dem fremden Menschen.
In einem zweiten Experiment präsentierten Proops und McComb den Tieren je zwei bekannte Menschen. Diesmal ruhten die Blicke der Tiere deutlich länger und öfter auf der Person, deren Stimme sie gerade hörten – und am längsten, wenn diese Person rechts vom Lautsprecher stand. Außerdem versuchten einige Pferde, auf die Person zuzulaufen. Das Ergebnis sei ein klares Zeichen dafür, dass die Pferde visuelle und akustische Sinneseindrücke miteinander verknüpfen können, interpretieren die Wissenschaftlerinnen. Dass den Tieren die Zuordnung der Stimme leichter fiel, wenn die Person rechts von ihnen stand, lässt vermuten, dass die Verbindung der beiden Sinne in der linken Gehirnhälfte verarbeitet wird. Denn die rechte Körperhälfte wird bekanntlich über die linke Hemisphäre des Gehirns gesteuert – ebenso wie soziale Interaktion. Das enge Beieinanderliegen dieser Funktionen könnte den Tieren das Erkennen der Menschen zusätzlich erleichtern.
Das könnte auch ein Grund dafür sein, dass Stuten bei den Versuchen generell länger auf die Person blickten, deren Stimme sie gerade hörten, denn sie übernehmen die Aufzucht des Nachwuchses und prägen auch in freier Wildbahn das Sozialgefüge der Herde deutlich stärker als Hengste.
Auffällig war auch, dass jüngere Tiere den Blick schneller auf die Person, deren Stimme sie hörten, richteten.
Da sich die Säugetiere gemeinsam entwickelten, liegt es laut Proops und McComb nahe, dass ihre Beobachtung nicht nur für Pferde gilt, sondern auch die meisten Säugetiere Individuen anderer Arten anhand der Verknüpfung zweier Sinne erkennen können.