Das neue Gesetz wolle nicht strafen, sondern Eheleuten dabei helfen, bei einer Scheidung ohne Hass auseinanderzugehen. Mit dieser Motivation hatte der damalige Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel in der abschließenden Beratung im Bundestag für eine Neuregelung des Ehe- und Scheidungsrechts geworben. Mit Erfolg, denn zum 1. Juli 1977 trat das reformierte Familienrecht in Kraft. Der Weg bis dahin war gleichwohl nicht leicht gewesen, denn bereits 1967 hatte die Große Koalition auf Initiative der SPD eine Eherechtskommission eingesetzt, die Reformvorschläge erarbeitete. Eine zehnjährige Diskussion schloss sich an.
Zentrales Anliegen des Gesetzes war der Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Die Neuordnung ersetzte die sogenannte Hausfrauenehe durch einen partnerschaftlichen Ansatz. Frauen waren damit zukünftig gleichermaßen zur Erwerbstätigkeit berechtigt. Zugleich wurde das Schuldprinzip, nach dem ein Ehepartner für das Scheitern der Ehe verantwortlich gemacht wurde, durch das Zerrüttungsprinzip ersetzt. Der finanziell stärkere Ehepartner musste den finanziell schwächeren unterstützen. Das Gesetz schaffte damit ein Verfahren, das eine Auflösung der Ehe unter zumutbaren Bedingungen erlaubte. Die Oppositionsfraktion CDU/CSU sah durch das neue Scheidungsrecht allerdings die Ehe auf Lebenszeit in Gefahr und befürchtete, dass künftig nur noch Ehen auf Zeit geführt würden.