Als erster Kaiser seit Konstantin wandte sich Julian massiv gegen die aufstrebende christliche Kirche und versuchte, die heidnische Welt einschließlich ihres Götterhimmels wiederherzustellen. Eine seiner Reformen betraf das Bildungswesen. Am 17. Juni 362 erließ Julian das „Rhetoren-Edikt“. Die im Gesetz angesprochenen Rhetoren – wir würden heute eher von Hochschullehrern sprechen – mussten sich durch eine tadellose sittliche Haltung auszeichnen und sollten in Zukunft ausschließlich von Kaiser und Senat ernannt werden. Unter Julian aber hieß das: Christen hatten keine Chance mehr. Denn der Befürworter des Heidentums fürchtete, dass christliche Lehrer die vorchristliche Literatur in ihrem Sinn neu interpretieren und den heidnischen Schriften damit ihren ursprünglichen Gehalt nehmen würden. Zwar verfolgte der Kaiser die Christen nicht, aber er entfernte sie auf diese Weise rigoros aus dem Bildungswesen.
Ein Aufschrei des Widerstands ging daraufhin durch die christliche Welt, und selbst manch heidnischer Intellektueller hielt Julians Anordnung für überzogen. Allerdings: Schon im nächsten Jahr starb der Kaiser. Das Edikt blieb trotzdem erhalten, denn sein Wortlaut war unspezifisch. Julians christliche Nachfolger konnten so die vorgeschriebene tugendhafte Lebensführung im christlichen Sinn auslegen. Sie setzten das Gesetz daher niemals außer Kraft, denn so behielten auch sie die volle Kontrolle über das Bildungswesen.