Marie-Anne de La Trémoille, genannt Madame des Ursins, bekleidete das höchste Amt, das eine Frau am spanischen Königshof erreichen konnte: Seit 1701 war sie camarera mayor de palacio, erste Hofdame der Königin. Die Stellung hatte sie auf Fürsprache der Madame de Maintenon, Mätresse König Ludwigs XIV. von Frankreich, erhalten. Auch Ludwig selbst hielt große Stücke auf die zu diesem Zeitpunkt 60-Jährige. Im Spanischen Erbfolgekrieg sollte sie ihre Schlüsselstellung dazu nutzen, die Interessen Frankreichs am spanischen Hof durchzusetzen. Zwölf Jahre lang war sie dort graue Eminenz und Strippenzieherin.
Als Königin Maria Luisa 1714 starb, war es Madame des Ursins, die eine neue Frau für Philipp V. von Spanien suchte. In Elisabetta Ferrara, der Nichte und Erbin von Odoardo II. Farnese, Herzog von Parma, glaubte sie eine gute Partie und willfährige Braut gefunden zu haben. Im letzteren Punkt irrte sie sich, denn Elisabetta war hochgebildet, politisch interessiert und mitnichten gewillt, sich ihrem künftigen Gemahl unterzuordnen, und der ersten Hofdame schon gar nicht. Als Madame des Ursins und Elisabetta am 23. Dezember 1714 in Jadraque erstmals zusammentrafen, kam es zu einem lautstarken Wortwechsel, in dessen Folge die künftige Königin die bislang mächtigste Frau Spaniens festnehmen ließ. Madame des Ursins musste Spanien unverzüglich zu verlassen: Die heimliche Regentin war gestürzt.