Schon mit sieben Jahren sprach Elena Lucrezia Cornaro Piscopia fließend Griechisch und Latein; später kamen Hebräisch, Französisch, Spanisch und Arabisch hinzu. Sie brillierte außerdem in Mathematik und Astronomie, komponierte und galt als meisterhafte Spielerin von Cembalo, Harfe und Violine. Elena Lucrezias größtes Interesse aber galt der Philosophie und Theologie. Ihr stolzer Vater ermunterte sie nicht nur, ihre Studien an der Universität von Padua zu vertiefen, sondern auch, einen Doktorgrad in Theologie anzustreben. Darin wurde sie von ihrem Philosophie-Professor
Carlo Rinaldini unterstützt.
Die hochintelligente junge Frau, seit ihrer Jugend Benediktiner-Oblatin (das heißt, sie lebte nach der Benediktiner-Regel, ohne Mitglied eines Konvents zu sein), scheiterte jedoch zunächst an ihrem Geschlecht. Unmissverständlich gab ihr der Bischof von Padua zu verstehen, dass sie als Frau keine Lehrerlaubnis in Theologie erlangen könne. Schließlich wurde ein Kompromiss gefunden. Elena Lucrezia wurde am 25. Juni 1678 – sie war 32 Jahre alt – in der Kathedrale von Padua mit einem Thema aus der aristotelischen Logik zum Doktor der Philosophie promoviert – als erste Frau überhaupt. Im Anschluss blieb Elena Lucrezia der Wissenschaft treu, hielt Vorträge und wurde Mitglied mehrerer Akademien. Sie starb jedoch schon mit 38 Jahren.